Immer wieder stoße ich in der pädagogischen Arbeit auf eine Frage, welche an den Kern dessen geht, was in der Schule praktiziert wird. Ich mache sie an einem Beispiel fest: Eine Schülerin bittet mich am Tag vor der Prüfung darum, diese auf einen Termin nach den Ferien verschieben zu können. Sie sei privat und in der Schule stark unter Druck und könne nicht so auf die Prüfung lernen, dass sie die nötige Sicherheit habe.
Ich stehe vor einem Dilemma: Entweder zeige ich Verständnis und gehe auf den Wunsch der Schülerin ein, was für mich naheliegend ist, da ich mir wenig Lerneffekt von einer Prüfung verspreche, die unter großem Druck und ohne entsprechende Vorbereitung abgelegt wird – oder ich bestehe auf dem frühzeitig kommunizierten Termin und zeige Härte.

Am Gymnasium, so ein immer wieder gehörter Vorwurf, sei es Schülerinnen und Schülern möglich, mit immer neuen Ausreden Pflichten zu vernachlässigen, was in der Arbeitswelt und auch an Hochschulen so nicht möglich sei. Gewöhnten sie sich daran, dass auf ihre Anliegen Rücksicht genommen werde, würden sie weich und entwickelten die nötigen Kompetenzen im Umgang mit Terminen und Druck nicht.
Auf der anderen Seite steht für mich die Frage, wie sinnvoll eine Welt ist, die Menschen Bedingungen setzt, die qualitativ hochwertige Arbeit verhindern. Soll die Schule diese Bedingungen simulieren, weil sie in der Arbeitswelt große Verbreitung finden?
Meine Haltung ist das Gespräch darüber: Aufzeigen, wie viel Spielraum ich wirklich habe; diskutieren, ob es sich lohnt, eine Anstrengung aufzuschieben oder durchzustehen; darüber sprechen, dass zu hohe Ansprüche an die eigene Arbeit lähmend wirken können, weil Perfektionismus ineffizient ist.
Befriedigend ist das aber nicht immer: Verhandeln ist anstrengend und führt nicht immer zu zufriedenstellenden Resultaten.
Wie gehen andere Lehrpersonen mit diesem Konflikt um?