Rezension: Manfred Spitzer – Digitale Demenz

Schon bevor ich das Buch gelesen habe, war ich in intensive Diskussionen darüber verwickelt: Der Bildungsjournalist Christian Füller warf mir und dem Medienpädagogen Beat Doebeli vor, »verbohrt« zu sein und »Aufklärung und Diskurs« zu »blockieren«. Entsprechend nahm ich mir vor, das Buch wohlwollend zu lesen.

Das habe ich nun getan und werde meine Rezension in zwei Teile gliedern: Zuerst in einen kritischen Teil, der sich auf die Methodik, Rhetorik und Argumentation von Spitzer bezieht, dann in einen eher zusammenfassenden, in dem ich die wesentlichen Thesen Spitzers festhalte und diskutiere. Wer sich also nicht für meine etwas ausführlich geratene Methodenkritik interessiert, soll einfach runterscrollen.

(1) Zur Methodik Spitzers – oder »digitale Demenz« googlen

Allem Wohlwollen zum Trotz hat mich das Buch verärgert. Und zwar ziemlich schnell. Spitzer inszeniert sich auf eine Art und Weise, die mir unseriös erscheint. Er tritt nicht als Experte, Psychiater und Lernforscher auf, sondern als Wissender, der den Unwissenden seine Botschaft verkündet. Schon auf der ersten Seite des Buches hält er fest, es gehe um »die Wahrheit« (7), in der Einführung stellt er sich vor, dass ihm seine Kinder später vorhalten könnte, er habe »das alles« gewusst und nichts getan (12). Das hängt mit seinem Wissenschaftsverständnis zusammen, wie gegen Schluss des Buches ersichtlich wird (288ff.): Wissenschaft ist für Spitzer nicht die Überprüfung von Thesen oder die Erfassung komplexer Zusammenhänge, sondern die Vereinfachung im Dienste der »Aufklärung« (ebd.), der gegenüber alles andere »Verharmlosung« ist – z.B. die Aussage, es gäbe keine widerspruchsfreie Theorie der Sucht, weil sie in komplexen Lebensbedingungen entstehe.

Die Opposition von »Aufklärung« und »Verharmlosung« nimmt die Züge einer Verschwörungstheorie an. So zitiert Spitzer immer wieder fiktionale Kritiker seines Buches und macht sogar eine Vorhersage, dass die Regierung mit unseriösen Experten und unseriösen Quellen sein Buch angreifen wird (283f.). Grund dafür, so Spitzer selbst, sei keine Verschwörungstheorie (25), sondern der Glaube daran, eine Industrie wolle »mit digitalen Produkten sehr viel Geld verdienen« (25) – was natürlich absolut richtig ist, aber als Einsicht nicht dazu geeignet ist, sämtliche Kritiker Spitzers zu desavouieren.

Die Pflicht, Aufklärung betreiben zu müssen, kann wohl auch andere Schwächen von Spitzers Methodik erklären: Der wirre Aufbau, bei dem nie deutlich wird, welche Thesen er vertritt oder welche Fragestellungen er genau untersucht. So kann er die Auswirkungen des One Laptop per Child Projekts in Nigeria beschreiben und dann direkt übergehen zur Behauptung, Menschen würden im Internet mehr lügen als in der realen Welt (74f.). Der Mangel an Klarheit betrifft auch die Begriffsverwendung von zentralen Begriffen, Spitzer klärt nie, was er mit »Sucht« meint, was er unter »Medien« oder »digitalen Medien« versteht, skizziert sein Verständnis von »digitaler Demenz« nur ansatzweise oder macht dazu »educated guesses« – also Mutmassungen (302). Um die Relevanz des Begriffs zu zitieren, git er an, Google finde dazu 8000 Einträge (16) – eine Methode, die nicht nur unwissenschaftlich ist, sondern auch dem Geist des ganzen Buches widerspricht.

Hinzu kommen untaugliche und populistische Vergleiche – wie z.B. der, dass Lernen mit Bergsteigen gleichzusetzen sei: Es nütze deshalb nichts, die Wegweiser lesen zu können oder Experten zum Thema Bergsteigen zu befragen, man müsse einfach auf einen Berg steigen (17f.).

Und letztlich störe ich mich an einem selektiven Umgang mit Studien: Studien, die Spitzers Aussagen belegen, werden aus dem Zusammenhang gerissen, vereinfacht dargestellt, mit zusätzlichen Annahmen versehen und mit anderen Aussagen verbunden; Studien, die den Nutzen von digitalen Medien belegen – die kaum erwähnt werden – hingegen methodisch kritisiert und umgedeutet.

Das alles macht Spitzers Aussagen nicht falsch. Aber es gibt mir als Leser – und ich bin, was Neuropsychologie betrifft, ein Laie – den Anschein, als schrecke der Autor davor zurück, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit anderen Ansichten Ernst zu nehmen und die Möglichkeit zuzulassen, dass einige seiner Thesen falsch sein könnten. Ein sehr perfides Beispiel ist seine Abrechnung mit einer Kritik durch Dirk Frank, bei der er Steven Johnson despektierlich »einen amerikanischen Journalisten« nennt (283), ohne ihn namentlich zu erwähnen. (Vgl. auch Beat Doebelis Kritik an Spitzers Umgang mit Zahlen und Zitaten.)

(2) Spitzers Argumente

  1. Es gibt keinen Beleg dafür, dass digitale Medien fürs Lernen förderlich sind.
    Diese Einsicht finde ich wirklich verblüffend. Trotz enormen Investitionen lässt sich nicht belegen, dass diese Investitionen das Lernen erleichtert haben. Es gibt drei mögliche Einwände gegen diese Erkenntnis, die ich allerdings für relativ schwach halte:
    (a) Es fehlen umfassende (langfristige) Studien in klar definierten Lernsituationen (z.B. an Gymnasien im deutschsprachigen Raum etc.).
    (b) Lernen mit digitalen Medien ist nicht mehr dasselbe, wie ohne. Man misst also Lernerfolge mit alten Methoden.
    (c) Die Investitionen wurden noch nicht nachhaltig und umfassend genug getätigt: Erst wenn Lehrende und Lernende mit digitalen Mitteln vertraut sind, wird sich ihr Effekt zeigen.
  2. Was wir nachschlagen können, speichern wir weniger gut ab.
    Das scheint einleuchtend zu sein – es wäre ja auch ineffizient, Inhalte abzuspeichern, die wir abrufen können. Und wozu müssen wir uns Fakten merken, die wir nachschlagen können? Diesen Einwand entkräftet Spitzer: Wir brauchen für viele Gehirnaktivitäten die Gehirnareale, die nur dann ausbildet werden, wenn wir diese Speichervorgänge auch wirklich durchführen.
  3. Um digitale Medien nutzen zu können, braucht es schon »Expertenwissen«, das mit digitalen Medien nicht aufgebaut werden kann.
    Genau das hat auch mit ii. zu tun: Wir brauchen ein Orientierungswissen, das uns dabei hilft, Quellen zu bewerten und zu wissen, wonach wir überhaupt suchen, welche Antworten für uns relevant sind. Hier schient mir Spitzer zu stark nur schwarz oder weiß zu sehen: Es gibt nicht nur den umfassenden Einsatz digitaler Medien, sondern es gibt auch die Möglichkeit eines dosierten Einsatzes (viii.) – der andere Lern- und Lehrmethoden unterstützt und ergänzt, nicht ersetzt.
  4. Digitale Medien verhindern den Aufbau einer Problemlösekompetenz.
    Die damit verbundenen neurologischen Einsichten stammen hauptsächlich aus Tierversuchen und zeigen die Verknüpfung des Hippocampus mit der Gehirnrinde. Hier ist das Buch am stärksten mit neurologischer Forschung unterfüttert – geht aber wiederum von der Annahme aus, digitale Medienhinhalte seien oberflächlich und ersetzten alle anderen Lernformen.
  5. Digitale Medien verunmöglichen eine hinreichend große Verarbeitungstiefe.
    Mit Verarbeitungstiefe meint Spitzer, dass verschiedene Aktivitäten und Perspektiven auf einen Lerninhalt dabei helfen, ihn besser zu erfassen. Digitale Technik dient oft der Abkürzung und Vereinfachung: Wo früher Texte abgeschrieben wurden, wird heute kopiert. Dadurch wird die Verarbeitungstiefe reduziert, der Lerneffekt reduziert und die Ausbildung der Gehirnstruktur verunmöglicht.
    Diese Einsicht ließe sich aber auch produktiv nutzen: Geeignete digitale Lerninhalte müssen eine hinreichende Verarbeitungstiefe gewährleisten – das ist ja nicht undenkbar.
  6. Digitale Medien vergrößern die digitale Kluft.
    Das überrascht mich nicht – zeigt aber, dass die digitale Kluft ein schwer zu lösendes Problem ist. Damit ist gemeint, dass sozial schwächere Schichten oder Regionen durch die digitale Technologie noch schwächer werden. In sozial schwächeren Haushalten werden technische Geräte oft medienpädagogisch falsch genutzt, was wiederum negative Auswirkungen auf die Lernfähigkeit von Kindern hat.
  7. Medienkompetenz kann nicht durch den Einsatz von Hardware erworben werden.
    Die Erfahrung zeigt: Wenn Geräte angeschafft werden, hat das selten keinen Effekt, meist einen negativen. Zuerst muss klar sein, wofür die Geräte sinnvoll verwendet werden können – und es muss sicher sein, dass die dafür nötigen Kompetenzen vorhanden sind. Medienkompetenz muss vor dem Anschaffen von Geräten vorhanden sein, nicht nachher.
  8. Computern verbessern schulische und kognitive Leistungen – aber nur, wenn sie dosiert eingesetzt werden.
    Spitzer unterschlägt diese Aussage etwas, obwohl man sie an mehreren Stellen in seinem Buch belegen kann (85, 229, 250). Die Untersuchungen zeigen den negativen Einfluss von unterschiedlichem Medienkonsum oder -nutzung – der aber dann positiv ist, wenn er dosiert erfolgt.
  9. Der Gebrauch von digitalen Medien beeinflusst die Entwicklung des Gehirns.
    Spitzers Argument ist immer etwas dasselbe: Es gibt keine Tätigkeiten, die das Gehirn nicht beeinflussen. Die Frage ist nun: Ist dieser Einfluss negativ, positiv oder neutral? Meiner Meinung nach gibt es für gewisse, oberflächliche Medienaktivitäten klare Belege, dass sie negative Auswirkungen haben – auch auf die Entwicklung des Gehirns. Aber für weiter reichende Aussagen fehlen Studien und Belege. Es kann durchaus sein, dass sich unsere Gehirn an neue Medien anpasst – und wir das weder schlecht noch gut finden müssen, weil es einfach die Aufgabe unseres Gehirns ist. Die Aussage Spitzers, das Gehirn sei nicht für die moderne Lebensweise entstanden (15), sondern für das Leben von Jägern und Sammlern, würde bedeuten, dass wir auch auf das Lesen, das Schreiben und eine Reihe sozialer Strukturen verzichten müssten, weil sie unser Gehirn beeinflussen. Gerade hier wird ein Kulturpessimismus deutlich, der ein ungutes Gefühl hinterlässt: Auch Notizen führen dazu, dass unser Gehirn weniger speichern muss etc.
  10. Soziale Netzwerke schaden dem Aufbau von Sozialkompetenz.
    Spitzer unterscheidet hier Erwachsene, die soziale Netzwerke als Ergänzungen zu realen Freundschaften und Beziehungen nutzen, von Kindern und Jugendlichen, die nur virtuelle Freundschaften pflegen. Dabei wird stark verallgemeinert: Auch Jugendliche führen reale Freundschaften neben virtuellen. Zudem gibt es pathologische Fälle, aber es gibt auch Jugendliche, die stark an ihrem sozialen Umfeld leiden und sich in einer virtuellen Gemeinschaft aufgehoben fühlen – zu denken ist beispielsweise an Marina Weisband, die das kürzlich in einem Zeit-Interview beschrieben hat.
  11. Der Gebrauch von digitalen Medien macht Menschen krank: Körperlich und psychisch.
    Das ist letztlich die reißerische These des Titels. Die Begriffe »Demenz«, »Sucht«, aber auch Aussagen zur Lebensdauer, Fettleibigkeit etc. sind nicht hinreichend präzise, dass sie zu einer so generellen Aussagen verdichtet werden könnten. Die Befürchtungen Spitzers sollten aber im Auge behalten werden. Aber es sind Befürchtungen, nicht Einsichten.

Zusammenfassend kann man folgende Grafik aus Spitzers Buch anschauen:

Die Grafik zeigt Spitzers Medienskepsis sehr gut – und seine Verallgemeinerungen. Digitale Medien – so meine Position – stehen einer gesunden Entwicklung nicht entgegen, weil sie keine Alternative dazu sind und sein sollen, sondern eine Ergänzung. Niemand soll auf das Begreifen der Welt verzichten, auf Sport, Musik oder Theater. Aber es ist möglich, zusätzlich am Computer zu spielen – nicht täglich und nicht stundenlang, aber dosiert, und das Smartphone als Lerninstrument zu nutzen – nicht immer und in einem sinnvollen Kontext.

Und noch ein paar Links:

  1. Videobeitrag von Spitzer (NDR, 2. August 2012).
  2. Interview mit Spitzer (seine Thesen verdichtet, Pressetext)
  3. Kritische Rezension von Christian Jakubetz (Cicero)
  4. Eine sehr wichtige Aussage macht André Spang in der taz: Spitzer versteht nicht, wie das Internet und das Lernen im Netz funktionieren.
  5. Kritik von Martin Lindner (Carta), hier sein Fazit:

Das Buch ist nicht ernst zu nehmen. Aber es hat keinen Sinn, sich über Spitzers Talkshow-Triumphzug lustig zu machen. Alle, die dazu lustig twittern, sollten sich an die eigene Nase fassen: Wir sind nämlich selber schuld.

Warum haben wir, die Web 2.0-Fraktion, diese Leerstelle gelassen, in die er sich jetzt so begeistert wirft? Warum kann ein ernsthaft besorgter Mensch sich kein Buch kaufen, in dem wir uns vernünftige Gedanken über all das machen: Werden Jugendliche, die (auch digitale) Schriftkultur nicht können, jetzt vollends abgehängt? Was machen faschistoide Ich-ballere-alles-ab-Stirb-langsam-Spiele und Überall-Porno in den Köpfen? Auch die Frage, was mit dem Selberschreiben wird, ist nicht von vornherein lächerlich.

Der Punkt ist nur: Das alles gibt es sowieso. Die Jugendlichen sind bereits im Netz und vor den Geräten, und gerade die potenziell Gefährdeten werden wir am wenigsten dran hindern können. Daran ist ganz sicher nicht die Schule schuld, oder wohlmeinende Eltern, weil sie ihre Kinder mit zum Lernen gedachten digitalen Geräten “anfixen”.

Nicht weniger Medien sind das Gegenmittel sind, sondern mehr, und anders: als Werkzeug der Selbstermächtigung, in einer Welt, die sich rasend schnell verändert. Da hilft nicht Nostalgie, kein Verbot, auch nicht medienpädagogisches Darüberreden, da hilft nur: vormachen.

19 Kommentare

  1. Katy sagt:

    Ich finde es ungeheuerlich, wie hier über die Arbeit eines angesehenen Wissenschaftlers hergezogen wird!
    Spitzers Erläuterungen sind gut nachzuvollziehen und natürlich bringt Spitzer viele Extrembeispiele – die sollen ja auch abschreckend wirken!
    Soziale Medien machen natürlich irgendwo Spaß, genauso wie Online Spiele spielen. Auch das schelle Abrufen von Informationen ist oft nützlich. Oder die Möglichkeit, übers Internet gleichgesinnte zu finden, sich ein online Buisness aufzubauen, Dinge zu vermarkten, etc.
    Diese positiven Seiten des Internets gibt es, keine Frage. Und natürlich sollten Wege gefunden werden, damit bewusst umzugehen. Dieser bewusste Umgang mit Medien ist aber leider noch in zu wenigen Köpfen angekommen, ich denke auch das Spitzer deshalb die positive Seite der Medien vernachlässigt. So wie die positiven Seiten vom Alkohol auch weggelassen werden, wenn man darüber aufklären möchte. Keiner sagt „Trink nicht so viel Alkohol, weil es Spaß macht, dich benebelt und du im besten Fall für einen Moment deine Probleme vergessen kannst und hemmungslos wirst.“ Man erwähnt höchstens nebenbei die angenehmen Effekte „Ich weiß, dass Alkohol trinken Spaß macht und dazu führt, dass du so und so fühlst. Aber dennoch solltest du die negativen Auswirkungen auf deinen Körper nicht ignorieren.“

    Spitzer hat etwas zu sagen – und er möchte sichergehen, dass die Botschaft auch ankommt. In seinen Vorträgen zeigt er durchaus auch Humor und er ist auch nah an den Menschen dran. Er ist keineswegs überheblich – er ist überzeugt, für das Richtige einzustehen, und das finde ich gut!
    Seinen Stil gleich als „überheblich“ zu bewerten finde ich etwas verurteilend. Die Argumente gegen ihn an den Haaren herbeigezogen. Nur, weil ihr ein Problem mit seinem Auftreten habt, ist das noch lange kein sachliches Gegenargument.

    Wenn man sich Heutzutage in der Welt umschaut, dann sieht man immer mehr Kinder die tatsächlich unter den Folgen einer Bewegungsarmen Erziehung leiden – sie sind motorisch weniger gut entwickelt und zeigen kognitive Defizite auf. Sie sind kaum mehr in der Lage auf einem unebenen Waldboden zu laufen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. In einem Zirkusprojekt in Stuttgart haben Trainer einem 9 jährigen Jungen springen (!) beigebracht, weil er das einfach nie gelernt hat. Nach 2 Tagen waren wir stolz auf ihn, dass er es geschafft hat, einfach nur auf ein Tramoplin gerade drauf zu hüpfen und auf der dahinter liegenden Matte zu landen.
    Ich sehe da defintiv einen Zusammenhang zwischen der exzessiven Mediennutzung im frühen kindlichen Alter und solchen Beobachtungen. Der Junge hätte solche motorischen Defizite sicher nicht gehabt, wenn er sich viel bewegen würde.
    Es kann nicht sein, dass einfachste motorische Leistungen zur Herausforderung werden. Bewegung hängt stark mit der Entwicklung des Gehirns zusammen.
    Was bei der Digitalen Nutzung von Medien neben der Bewegung fehlt, ist die Nutzung all unserer Sinne. Fühlen tun wir lediglich den kalten Bildschirm, schmecken und riechen fällt flach. Sehen tun wir lediglich zweidimensional, und durch die Nähe des Bildschirms wird die Kurzsichtigkeit zum weiteren Problem.
    All diese Dinge werden nicht trainiert. Und was passiert, wenn man etwas nicht trainiert? Es bildet sich zurück. Das Gehirn entwickelt sich so, wie man es nutzt.

    Also – bevor ihr einen erfahrenen Doktor wie Manfred Spitzer so durch den Dreck zieht, fragt euch lieber, ob seine Argumentationen euch nicht irgendwo anders treffen – könnte es sein, dass ihr euch angesprochen fühlt? Er euch vielleicht sogar trifft? Dass ihr die Zusammenhänge zwischen des Rückgangs der Gehirnentwicklung und der extremen Nutzung von Medien nicht erkennen wollt, weil ihr euch eingestehen müsstet, dass ihr selbst betroffen sei, weil ihr selbst Medien viel zu viel nutzt?
    Hinterfragt euch, warum ihr ihn so verzweifelt versucht schlecht zu machen.

    Und wenn ihr wissen wollt, warum ich ihn so stark verteidige: Das hat natürlich auch einen persönlichen Hintergrund. Ich bin Erzieherin, studiere Sozialpädagogik und Management, mache den Fachwirt für Organisation und Führung und setze mich somit tagtäglich mit den Themen der Kindheit auseinander. Ich sehe zu, wie die Kinder verkümmern, die Wochenenden vor dem Fernseher verbringen und völlig Energieüberladen Montags in den Kindergarten kommen, weil sie sie nicht loswerden konnten. Ich sehe, wie die Sozialen Fähigkeiten der Kinder zunehmend verkümmern, weil sie das nicht mehr so oft üben können. Ich trage das aus, und versuche mit viel Kreativität und Herzblut den Kindern das zu geben, was sie brauchen, während die „pädagogisch wertvoll arbeitenden Kolleginnen“ weitere Verbote in den Räumlichkeiten der Einrichtung aussprechen, nicht in den Garten wollen weil’s ihnen zu kalt ist – oder zu heiß – oder zu anstrengend – oder oder oder. Ich begrüße jeden, der in aller Deutlichkeit auf diese Probleme aufmerksam macht und die Langzeitfolgen versucht darzustellen. Und ich hoffe, dass Herr Spitzer und seine Gleichgesinnten Kollegen damit erfolgreich sein werden.

    Ich möchte euch nicht überzeugen – aber darum bitten, das ganze Mal aus einer anderen, objektiveren Perspektive zu betrachten.

    Trotzdem: ich finde es sehr gut, wenn Menschen Texte kritisch lesen und nicht alles glauben, was sie lesen oder sehen, auch wenn es von einem Doktor ist! Jetzt wäre es noch gut, sachliche Gegenargumente zu recherchieren, statt persönliche Gründe wie „Sein Stil gefällt mir nicht“ zu finden.

  2. Fritz Kohle sagt:

    Spitzer’s Schreibstil is arrogant und selbstherrlich. Er schreibt so, als ob nur er allein die „Wahrheit“ kennt, alle andere die nicht so denken wie er, muessen wohl dumm sein. Seinen Stil kann ich natuerlich von den Inhalten des Buches differenzieren, aber es macht es nicht leichter das Buch zu lesen.

    Sicherlich ist Spitzer ein Experte in seinem Fachgebiet, vor allem der Neurodidaktik, und zumindestens zitiert Spitzer wissenschaftliche Arbeiten um die negativen Seiten sozialer Medien hervorzuheben, auch wenn Spitzer’s Kritiker, wie z. B. Medienpsychologen Markus Appel und Constanze Schreiner, in einer Meta-analyse Spitzer’s Behauptungen widerlegt haben. Spitzer’s Interpretation ist fuer Experten durchaus fragwuerdig. Spitzer findet zwar grossen Anklang in der populaeren Presse und den Medien, die Medien- und wissenschaftliche literatur ist allerdings nicht von Spitzer ueberzeugt.

    Sicherlich haben soziale Medien einen schaedlichen Einfluss – wenn Sie missbraucht werden. Und an dieser Stellen fuege ich meine Erfahrungen im Lehr- und Filmbereich als auch meiner PhD Forschung hinzu. Hier genuegt es nur einen einzigen Punkt von Spitzer’s Behauptungen, das soziale Netzwerke dem Aufbau von Sozialkompetenzen im der Jugend schaden, zu widerlegen. Spitzer verallgemeint: als Dozent sehe ich immer wieder das Studenten nur dann Schwierigkeiten mit sozialen Netzwerken haben, wenn sie auch Probleme im echten Leben haben. Die Ursachen sind dann meist ein gestoertes Elternhaus, finanzielle Probleme oder Krankheit in der Familie. Soziale Medien als schaedliche Ursache von Sozialkompetenzen kann ich hier nicht erkennen – sondern nur als Sympton, so wie Drogenmissbrauch, von bereits bekannten Ursachen.

    Das habe ich nicht nur im Umgang mit meinen Studenten feststellen koennen, sondern dann auch in Umfragen und Fokusgruppen weiter erforscht. Ueber 70% aller Befragten gaben an, das sozialenNetzwerke wichtig sind um mit Freunden und Familie in Kontakt zu bleiben. Diese Zahl war etwas hoeher unter Judgendlichen im Vergleich mit Erwachsenen die ohne soziale Medien aufgewachsen sind. Sind das alles Menschen die, nach Spitzer, weniger sozial kompetent sind? Das bezweifle ich sehr.

    Nun etwas ueber Mediengeschichte: die Homo-spezies hat sich vor ca. 2 millionen Jahren herausgebildet, so auch die Grundlagen unserer Sprache. Eine Mischung von Lauten und Zeichensprache haben es dem Stamm, der Familie, ein Ueberleben in der Paleolithik moeglich gemacht.
    Ca. 100-50,000 hat sich die Sprache zu dem entwickelt wie wir sie heute kennen. Die Sprache war ein wichtiger Schritt in unserer Entwicklung – sie hat es moeglich gemacht Dinge zu erklaeren waehrend wir sie mit unseren Haenden tun: ganz wichtig um anderen in der Gruppe Wissen zu vermitteln. Bis zu diesem Zeitpunkt lebten wir in kleinen Gruppen, als Stamm oder Familie, fast 2 Millionen Jahre lang.

    Dann kam die Neolitische Revolution. Das aenderte vieles und inspirierte z. B. Karl Marx zu seinem Communist-Manifesto: mit Landwirtschaft kam Kultur, Siedlungen entstanden und es bekam notwendig Hierarchien zu etablieren in denen die Menschen nicht mehr direkt miteinander sprachen – 2 Millionen Jahre lang lebten wir als Stamm oder Familie, auch dann gab es Hierarchien, aber jedes Familienmitglied konnte immer direkt mit anderen in der Gruppe sprechen. Die Neolitischen Revolution aenderte das: nun gab es Menschen die einer Siedlung vorstanden, Eliten etablierten sich, die, um ihre Macht-position u erhalten und auch zur Verteidigung gegen andere Gruppen, das Militaer organisierten.

    Diese Hierarchien haben sich seit der Neolitischen Revolution immer weiter etabliert. Medien haben allerdings immer wieder diese Hierarchien in Frage gestellt: die katholische Kirche war nicht sehr gluecklich mit Gutenbergs Buchpresse. Jetzt konnten die Menschen ja selbst lesen was in der Bibel steht und waren nicht mehr auf die Predigt des Pfarrers angewiesen. Ein grosser Machtverlust fuer den Vatikan, der letzten Endes zur Spaltung der Kirche fuehrte.

    Strukturen blieben aber weiterhin indirekt: jede neue Revolution etablierte letzten Endes nur wieder eine neue Elite, mit neuem Machtanspruch, der dann doch wieder missbraucht wurde. Das widerholte sich in der industriellen Revolution mit Radio, TV & Film.

    Soziale Medien unterscheiden sich allerdings wesentlich von allen vorherigen Medienrevolutionen: soziale Medien und Netzwerke verbinden Menschen direkt und global. Sie machen es moeglich das sich Menschen weltweit gemaess ihrer Interessen, direkt ihrer selbst gewaehlten globalen digitalen Familie anschliessen. Diese direkte Verbindung gab es zuletzt vor dem Umbruch der Neolithik. Seit der Neolithik haben die Menschen unter dem Machtmissbrauch der Eliten gelebt. Es sind genau diese pre-neolithischen urspruenglichen Strukturen, die direkte Verbindung zwischen Stammes- und Familienmitliedern, die nun mit den sozialen Netzwerken zurueckkehren – und post-neolithische Strukturen in Frage stellen. Strukturen die Spitzer zu dem gemacht haben was er heute ist: ein autokratischer Experte.

    Es ist kein Wunder das ueber 70% aller Befragten sagen das Familie und Freunde auf sozialen Netzwerken das Wichtigste sind. Von dieser Perspektive gesehen ist es auch kein Wunder das etablierte post-neolitische Hierarchien gefordert sind: es kommt nun eine Generation von Menschen die es gewohnt sind, direkt auf sozialen Netwerken weltweit miteinander ueber alles was fuer die globale digitale Familie wichtig ist, zu sprechen und diskutieren.

    Wie wichtig diese Werte auch in der post-neolithischen Era wichtig sind, wird auch dann noch einmal deutlich wenn man sich den Beitrag der Familie zur wirtschaftsleistung eines Landes ansieht: es sind nicht die grossen Konzerne wie Mercedes oder BMW, die fuer die Wirtschaft wichtig sind. Es ist der Mittelstand, es sind die kleinen und mittleren Betriebe die zu ueber 95% die europaeische Wirtschaft antreiben. Ueber 60% davon sind Familienbetriebe! (EU-Kommission)

    Auch waehrend der post-neolithischen Era war und ist die Familie eine treibende Kraft geblieben. Post-neolitische Hierarchien haben mit ihren indirekten Machtpostitionen die Familie entmachtet und versklavt – soziale Netzwerke aendern das nun. Direkt, transparent, offen, mehr Demokratie – das sind alles Werte die sich ueber 70% der Menschen auf den Netzwerken erhoffen – und taeglich praktizieren.

    Diesen Fortschritt koennen wir nicht aufhalten. Haetten wir uns gegen das Feuer gewehrt – dann waeren spaeter keine Haeuser abgebrannt, aber es gaebe auch kein warmes Essen. Haetten Phoenizier und hebraeische Staemme das Alphabet nicht entwickelt, gaebe es keinen Aristoteles oder Platon, aber auch weniger antike Kriege um Resourcen, die so besser dokumentiert werden konnten. Haette der Vatikan erfolgreich den Buchdruck verhindert waere die Kirche vielleicht noch ungespalten – aber es gaebe dann auch keine Renaissance und moderne Wissenschaft. Ohne Radio, Film & TV gaebe es keine Kriegspropaganda, aber auch keine Unterhaltung.

    Ohne soziale Netzwerke haben sich Menschen, die in einem Paradigm aufwuchsen in der andere Menschen in einer indirekten Hierarchie und Machtstruktur Entscheidungen fuer sie trafen, vielleicht wohler gefuehlt – aber Menschen die nun aufwachsen sind es gewohnt direkt mitzusprechen und mitzuentscheiden – so wie es in kleinen pre-neolitischen Gruppen moeglich gewesen ist. Fuer Menschen die das nicht kennen ist vielleicht sogar Angstmachend, vor allem fuer Menschen wie Spitzer, die ja schon alles wissen, und einen autokratischen Anspruch auf Wahrheit stellen.

    Und deswegen stimme ich mit Spitzer nicht ueberein. Spitzer hat sich in einer post-neolitischen Hierarchie in der Medizin ’nach oben‘ gearbeitet. Seine Autoritaet muss verteidigt werden, soziale Medien muessen als schaedlich erwiesen werden – um eben diese Machtpositionen, die ihn ja zum Direktor einer Klinik gemacht haben, zu bewahren.

    Man lernt nichts von Spitzer ueber den sinnvollen Umgang mit sozialen Medien und der digitalen Welt, aber viel ueber Strukturen die uns seit der Neolithischen Revolution beherrscht haben.

    Fritz Kohle, PhD (Cand.)
    Edinburgh University
    http://www.film-and-television.com

    1. lohenstein sagt:

      Hallo, Fritz Kohle, machen Sie als PhD(Cand.) Ihren Doktor, bitte. – Mit der Internetnutzung verbunden ist freilich die Hybris, mit der selbsternannte Spezialisten, die noch nicht einmal die wissenschaftsbetriebliche Zertifizierung erlangt haben, sich in Foren und Kommentarspalten großtun. Nutzen Sie Ihre Zeit besser, z.B. zum Bibliographieren oder zur Prüfungsvorbereitung aka „Lernen“. Mit freundlichem Gruß

    2. Fassen sie sich nächstes mal ein BISSCHEN kürzer

  3. jschneiderde sagt:

    danke für wie seite
    sehrvielgeldverdienen.wordpress.com

  4. Yuki sagt:

    Enjoyed your comments, but1 Quite a lot of Europeans stalk in the Alps, which go up to about 4,000m and other moiutann ranges eg Carpathians, so while I agree that most Zeiss, S & B and Swarovski scopes are meant for dusk and night time shooting with 50mm plus objectives, they aren’t the only products from that stable plenty of scopes with objectives around 40mm and even one of 36mm from Swarovski, leaving aside the 1- 4 x variables from all 3 makers.2 Not sure if you’d count Scottish moiutanns nothing much over 1200m as moiutanns, but lots of stalking for red deer done there, and sometime the light is awful because of mist low cloud etc and the brighter scopes/bigger objectives can be a boon there too.3 On rifles, Blaser promote their R93 and R8 as packable and as return-to-zero on assembly check out the R8 promo video and for alpine hunting. Not my cup of tea too much alloy and they cost a fortune as do the unique scope mounts, but they do sell and lots of UK users praise their accuracy, and they are light too.Simon

  5. Christina sagt:

    Digitale Demenz? Mythen und wissenschaftliche Befundlage zur Auswirkung von
    Internetnutzung: http://aom.jku.at/files/2013_Appel-Schreiner_Digitale-Demenz.pdf

  6. These are beautiful items and I am very pleased with them – HAPPY CUSTOMER.

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