Personal Learning Networks

In seinem Buch Net Smart beschreibt Howard Rheingold, wie er angefangen hat, sich über Social Media in der Bildung Gedanken zu machen:

[Übersetzung phw:] Als ich verstand, wer was über Social Media in der Erziehung wusste, schränkte ich meinen Fokus auf die ein, die am meisten wussten. Ich widmete meine Aufmerksamkeit denen, denen auch die Expertinnen und Experten Aufmerksamkeit schenkten. Ich fügte weitere Personen hinzu, entfernte andere; ich hörte zu, folgte und begann dann zu kommentieren und Gespräche zu führen. Wenn ich etwas fand, von dem ich dachte, es könnte auch die Menschen interessieren, von denen ich lernte, teilte ich es auf meinen Blogs und auf Twitter. Ich verbreitete auch Informationen, die ich von anderen erhielt. Ich stellte Fragen, bat um Hilfe, und begann denen zu antworten und Hilfe anzubieten, die weniger zu wissen schienen als ich.

Rheingold beschreibt, wie er unbewusst ein PLN, also ein Personal Learning Network aufbaute. Er empfiehlt eine einfache didaktische Übung, um die Möglichkeiten von PLNs im Unterricht zu demonstrieren: In Partnerarbeit sollten Fragen zu einem Unterrichtsthema gestellt werden. Wenn eine der Partnerinnen die Frage beantworten kann, stellt man weitere Fragen. Finden beide keine Antwort, schreibt man die Frage auf. Im Anschluss an diese Arbeitsphase treffen sich alle Lernenden und stellen sich die Fragen, auf die sie selbst noch keine Antworten gefunden haben. Meistens findet sich jemand, der oder die eine Antwort kennt.

PLN wenden diese Mechanismen nun in Netzwerken von Expertinnen und Experten an. Dabei lernen die Teilnehmenden für sich und miteinander. Sie suchen gemeinsam nach weiteren Lernenden, Lehrenden, Lernmaterialien, Methoden und Informationen.

Im Idealfall erfüllen PLNs zwei wichtige didaktische Forderungen: Erstens individualisieren sie Lernprozesse vollständig, zweitens ermöglichen sie eine permanente Reflexion der Lernprozesse, die zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Lernmethoden und der PLNs führen.

Voraussetzung sind aber die digitalen Kompetenzen, die Rheingold in seinem Buch ausfühflich beschreibt, vordringlich die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit konzentrieren zu können und sich von den vielen Inputs und Beziehungen nicht ablenken zu lassen.

Die PLN-Kultur baut sich, so Rheingold, aus acht Prozessen auf. Sie sind am einfachsten zu verstehen, wenn man sich vorstellt, man wollte ein PLN zu einem völlig neuen Gebiet aufbauen: Sagen wir, im Internet mit Gebrauchtwagen handeln.

  1. In interessante Medien und Netzwerken offen stöbern.
  2. Gezielt nach Informationen und Expertinnen und Experten suchen.
  3. Ihnen auf ihren Kanälen folgen und sich überlegen, ob sich das lohnt.
  4. Sein eigenes Netzwerk immer wieder neu abstimmen und verbessern (man muss den Menschen, die einem folgen, selbst nicht folgen).
  5. Wichtige Informationen und Inhalte verbreiten: Mit inhaltlichem, sozialen oder auch Unterhaltungswert.
  6. Mit anderen Menschen in Beziehung treten: Nicht zu forsche Forderung stellen, sondern Aufmerksamkeit zeigen.
  7. Fragen stellen, besonders dann, wenn die Antworten auch für andere im eigenen PLN nützlich sein können.
  8. Auf Fragen antworten – auch hier nicht auf Gegenseitigkeit rechnen, sondern mit gutem Beispiel vorangehen.

So baut man soziales Kaptial auf, das auf Netzwerken beruht, in denen Vertrauen herrscht. Dieses soziale Kaptial befähigt einen, Lernprozesse außerhalb etablierter Institutionen durchzuführen. Während also PLNs einen wichtigen Stellenwert in der Schule einnehmen sollten (weil sie Lernen aus eigenem Interesse mit der Möglichkeit der Individualisierung verbinden), könnten sie dazu führen, dass sich Lernen vom Rahmen der Schule löst.

Bild aus Rheingold: Net Smart.