Zwischen Facebook-Zwang und -Verbot: Social Media in der Schule

Letzte Woche ist eine Handreichung des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg erschienen, die intensiv diskutiert worden ist. Meine Kritik daran habe ich schon formuliert.

Im Anschluss an den Erlass stellt sich die Frage, welche alternativen Vorschläge für einen Umgang mit Social Media an der Schule sich denn als sinnvoll erweisen könnten. Die Handreichung in Baden-Württemberg wurde von einigen Apologetinnen und Apologeten mit der Begründung verteidigt, dass sie die einzige Möglichkeit darstelle, geltendes Recht zu berücksichtigen und Schülerinnen und Schüler davor zu schützen, zum Betreiben eines Facebook-Accounts gezwungen zu werden.

Till Westermayer fragt in einem Kommentar auf seinem Blog beispielsweise zurecht:

Was wäre für  – mit geltendem Datenschutzrecht im Hintergrund – eine sinnvolle Formulierung einer solchen Handreichung zur Nutzung von sozialen Netzwerken/Clouds für dienstliche Zwecke? Unter welchen Umständen würdest du sie erlauben, unter welchen nicht?

Im Folgenden stelle ich meine Vorstellung zum Einsatz von Social Media in der Schule dar. Einige Vorbemerkungen:

  • Die rechtliche Forderung – dass personenbezogene Daten im Internet geschützt werden – kann meiner Meinung nach heute nur von wenigen IT-Profis sicher umgesetzt werden. Für Lehrpersonen und Mitarbeitende einer Schule ist es undenkbar, das Internet zu nutzen und dabei personenbezogene Daten zu schützen. Es ist dafür nicht einmal relevant, ob die Daten in Cloud-Servern gespeichert werden oder via soziale Netzwerke kommuniziert werden: Alleine die Nutzung bestimmter Geräte und Betriebssysteme reicht aus, dass die Daten ungenügend geschützt sind und von außerhalb eines Landes abgefragt bzw. verändert werden können.
  • Soziale Netzwerke sind nicht per se unsicherer als E-Mail.
  • Rechtliche Vorgaben und Geschäftsbestimmungen von Betreibern von Plattformen sind nicht dasselbe. Es ist durchaus möglich, gegen Geschäftsbestimmungen zu verstossen, ohne ein Gesetz zu brechen.
  • Sicherheit, Gesetze, ethische Fragen, (medien-)pädagogische und organisatorische Vorgaben sind an einer Schule in ein Verhältnis zu setzen. Es gibt keine Lösung, die auf keiner dieser Ebenen Abstriche macht und zu Problemen führt.

Auf dieser Grundlage halte ich folgende Prinzipien für sinnvoll:

  1. Für die Schule relevante Arbeiten sollen Lernende im Internet mit Profilen erstellen, die nicht an ihre Person gebunden sind (also mit Pseudonymen) – es sei denn, sie entscheidend sich zusammen mit ihren Eltern dafür, ihren Klarnamen zu verwenden.
  2. Sensible Daten wie Noten, Adresslisten, Telefonnummern etc. gehören nur auf Schulserver, für deren Sicherheit Profis zuständig sind. Lehrpersonen und Lernende müssen instruiert werden, wie mit diesen Daten umgegangen werden soll.
  3. Die mediale Realität von Jugendlichen ist weniger stark zu gewichten als pädagogische Überlegungen, d.h. die Tatsache, dass Jugendliche Facebook nutzen, ist kein Grund, es in der Schule einzusetzen.
  4. Plattformen, die mit dem Content ihrer User Geld verdienen, sollten in der Schule generell gemieden werden – es sei denn, pädagogische Erwägungen sprechen stark dafür.
  5. Es ist in der Regel sinnvoll, für schulische Arbeiten speziell darauf zugeschnittene Tools zu verwenden.
  6. Die Kommunikation zwischen Lehrpersonen und Lehrpersonen und Eltern bzw. Schülerinnen und Schülern braucht einen privaten Kanal. Privat heißt nicht abhörsicher, sondern lediglich nicht-öffentlich. So lange Punkt ii. eingehalten wird, können soziale Netzwerke, E-Mail, mobile Nachrichten oder Telefongespräche sinnvolle Medien dafür sein.
  7. Für die professionelle Vernetzung und den Aufbau eines persönlichen Lernnetzwerkes sollten Lernenden wie Lehrenden möglichst wenig Vorschriften gemacht werden.
Samir Karrhat, Society6.
Samir Karrhat, Society6.

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