Social Media als Ergänzung zu mündlicher Beteiligung

Letzte Woche habe ich ein Projekt vorgestellt, bei dem Twitter als eine spielerische Erweiterung des Literaturunterrichts genutzt wird. Plattformen wie Twitter können aber auch als Ergänzung zu einem Klassengespräch genutzt werden. Kernidee: Wer sich nicht beteiligen kann oder will, nutzt Social Media als Ersatz.

Auf Konferenzen mit Social Media-Bezug ist es üblich, neben oder statt Slides einen Twitter-Wall einzublenden, wie man ihn auf dem Bild sieht:

Dort können die Zuhörerinnen und Zuhörer direkt Feedback geben, untereinander kommentieren und das Referat mit Links und Kommentaren sozusagen erweitern.

Diese Idee könnte man auch auf den Unterricht anwenden: Stille Schülerinnen und Schüler können sich per Social Media an einer Diskussion beteiligen, die von der Lehrperson dann wieder ins Klassengespräch integriert werden kann. Das tut Erin Olson, eine Englischlehrerin aus den USA, die in einem Beitrag der New York Times vorgestellt worden ist.

Das Klassengespräch erhält so einen so genannten Backchannel: Eine zweite Kommunikationsebene, auf der Fragen gestellt werden können, Meinungen geäußert und Kommentare abgegeben können. Die Idee besticht aus drei Gründen:

  • Es ergeben sich Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Schülerinnen und Schülern, z.B. kann, wenn jemand einen Begriff nicht versteht, die Klasse selbst eine Erklärung abgeben.
  • Es ergibt sich eine Aktivierung sonst passiver Schülerinnen und Schüler.
  • Wenn die Möglichkeit gegeben wird, themenzentriertes abzuschweifen, verhindert das nicht-thematisches Abschweifen.

Zwei Schülerstatements aus dem Artikel sind beeindruckend:

“Everybody is heard in our class,” said Leah Postman, 17.
Janae Smith, also 17, said, “It’s made me see my peers as more intelligent, seeing their thought process and begin to understand them on a deeper level.”

Die Einwände sind vorhersehbar – und selbstverständlich auch berechtigt: Laptops oder Tablets im Schulzimmer bieten die Gefahr einer Ablenkung, einer Verzettlung, eines Mangels an Vertiefung.

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Technische Möglichkeiten

Twitter selbst ist nicht für einen Bildungskontext ausgelegt. Ich schlage zwei andere Tools für den Einsatz im Schulzimmer vor und werde das im kommenden Schuljahr auch ausprobieren:

  1. Google Moderator, wo Fragen gestellt und beantwortet werden können
  2. TodaysMeet, eine Art provisorisches Twitter, das für jede Veranstaltung installiert werden kann und automatisch gelöscht wird, aber auch die Möglichkeit zum Download der Gespräche bzw. Fragen bietet.

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Zusatz 16. Juli 2012: Jürgen Bucher unterrichtet Medienwissenschaft an der Universität Trier und ersetzt Wortmeldungen teilweise durch die Möglichkeit, per Twitter Fragen zu stellen, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.