Am Freitag und Samstag habe ich im Rahmen des CAS »Online Services« an der FH St. Gallen ein Modul zu Bildung und Social Media durchgeführt. Dabei habe ich unter anderem auch ein digitales Arbeitsblatt eingesetzt, was ich im Unterricht immer wieder mache, ohne aber genau zu reflektieren, was funktioniert und was nicht. Daher dieser Beitrag. Leicht überarbeitet habe ich ihn auch als druckfähiges PDF publiziert.
(1) Was ist ein digitales Arbeitsblatt?
Ein digitales Dokument, in dem in gemeinsamer Arbeit Aufgaben erledigt werden. Es ist kein digitalisiertes Arbeitsblatt, also ein herkömmliches Arbeitsblatt, das lediglich in einem digitalen Medium zur Verfügung gestellt wird, sondern erfordert auch eine neue Art von Bearbeitung:
- Einbringen von eigenen Ideen und Lösungen.
- Nachvollzug der Bearbeitungen von anderen Lernenden, die so auch direkt Feedback erhalten.
Selbstredend erfordert ein digitales Arbeitsplatz keine Ko-Präsenz: Es kann von beliebigen Orten aus bearbeitet werden. Für bestimmte Arbeitsschritte ist eine zeitliche Abstimmung allerdings sinnvoll.
(2) Step-by-Step-Vorgehen
- Die verantwortliche Person erstellt das Arbeitsblatt auf der gewählten Lernplattform (in meinem Fall Google Docs).
- Sie gibt das Dokument an die Lernenden frei: Entweder durch eine Mail-Einladung oder mit einem Link – ich habe den langen Freigabe-Link von Google – https://docs.google.com/document/d/165sewIStRsHZM1L1iEf1euFTNslMimBp588ZzzJR8jI/edit?usp=sharing – mit PrettyLink zu phwa.ch/digitalesarbeitsblatt gekürzt.
- Sie formuliert eine Anleitung für die Bearbeitung – sinnvollerweise steht ein Teil davon direkt im Dokument, ein anderer kann in einer anderen Form von Instruktion erfolgen.
- Die Anleitung sollte auch bestimmte Vorgaben für die Zusammenarbeit in den Gruppen enthalten: Wie verhindern sie, dass nicht alle gleichzeitig an Formulierungen feilen und so nie fertig werden – und gleichzeitig dennoch intensiv genug an Details arbeiten.
- Jemand hütet und pflegt das Dokument: Die Person räumt sprachlich, formal und inhaltlich auf, entfernt Redundanzen und Unschönes und wertet die Arbeit auch aus.
(3) Erfahrungen und didaktische Begründung
Das Arbeitsblatt funktioniert bei Arbeiten gut, die entweder klar auf ein Team aufgeteilt werden können (wie z.B. die Übersetzung der Grundsätze für das Lernen im im digitalen Zeitalter, angestoßen durch Martin Lindner), oder bei offenen Aufgaben, die hauptsächlich aus Problemlösen und Reflexion bestehen. Geht es darum, dass alle Lernenden bestimmte Übungen absolvieren, dann ist die Kollaboration kaum zielführend.
Ein effizienter Einsatz ist nur dann denkbar, wenn nicht zu viele gleichzeitig dasselbe tun. Deshalb würde ich bei der Arbeit in Klassen gleichzeitig an mehreren Arbeitsblättern arbeiten lassen – eine Art Gruppenpuzzle, bei dem z.B. die Jigsaw-Methode leicht abgeändert gut zum Einsatz kommen könnte, wenn ein zweiter und dritter Schritt geplant sind.
Die Funktion der Hüterin oder des Hüters des Dokuments ist wichtig: Formale und technische Belange müssen die Lernenden nicht kümmern – sie sollen ohne große Hemmungen arbeiten. D.h. dass die Verantwortlichen mit der Plattform etwas vertraut sein müssen, damit z.B. auch die Gelassenheit haben, ein allenfalls gelöschtes Dokument mit dem Überarbeitungsverlauf wiederherzustellen. Die Präsenz dieser Person bei der Arbeit an den Dokumenten (mit Kommentaren und kleinen Korrekturen) ist hilfreich und schafft oft Verbindlichkeit.
In Zwischenschritten sollte auch die Reflexion über die Arbeit am Dokument angeregt werden, so dass die Lernenden Feinabstimmungen selbst vornehmen können. Dabei wird dann das mündliche Gespräch im Präsenzunterricht zum »Backchannel«.
Digitale Arbeitsblätter entsprechen meiner Orientierung am dialogischen Lernen von Ruf und Gallin. Aus ihrer Bearbeitung entstehen neue Aufgaben, der Unterricht gewinnt eine neue Richtung.