Social Media und die Bildungsorganisation sind geprägt von Standardisierungsbemühungen und hierarchischen Strukturen, obwohl sowohl die Ideale der dialogischen Kommunikation in Netzwerken und die des nachhaltigen Lernens Standards und Hierarchien einer fundamentalen Kritik unterziehen.
Der Aufbau von Netzwerken und die Organisation von Lernprozessen gehen von Subjekten aus. Sie erfolgen bottom-up: Entscheidend sind Motivation, Interessen und persönlicher Nutzen. Wesentliche Aspekte sind nicht messbar, nicht vergleichbar, nicht durch Standards abbildbar und nicht top-down festlegbar.
Vorgaben verhindern Abweichungen. Konzeptionell geht es dabei meist um unerwünschte Abweichungen: Auf standardisierten sozialen Netzwerken gibt es keine Überraschungen, keine unangenehme Erfahrungen für die User. In einer standardisierten Bildungslandschaft lernen alle Schülerinnen und Schüler mit ähnlichen Methoden ähnliche Inhalte und werden ähnlich bewertet.
In der Realität werden aber vor allem positive Abweichungen verhindert: Innovative Projekte sind innerhalb der engen Grenzen des auf Social Media Erlaubten nicht mehr möglich. Ebenso können Lehrpersonen mit ganz spezifischen Stärken und Vorlieben diese in einer standardisierten Bildungslandschaft nicht entsprechend gewichten, sie können nicht auf Wünsche oder Bedürfnisse von Lerngruppen eingehen, weil festgelegt ist, was wie unterrichtet werden muss.
Die große Herausforderung für Social Media ist es, dezentrale Netzwerke zu schaffen (vgl. Lovink). Nur so können sie ihr gesellschaftliches und politisches Potential entfalten, ohne einen kommerziellen Nutzen innerhalb eines engen Gerüstes von Normen erbringen zu müssen. Entsprechende Projekte scheinen alle zwar viele Bedürfnisse von Benutzerinnen und Benutzern aufzunehmen, sich aber nicht durchsetzen zu können: Zu stark sind die großen Player wie Facebook, Google oder Twitter, welche durch die Speicherung von Daten viele User in ein Abhängigkeitsverhältnis treten lassen.
Auch hier gibt es eine Parallele zur Schule: Innovative Projekte werden zwar immer wieder formuliert, sie scheitern aber auch an der Macht der staatlichen und standardisierten Schule, deren Diplome eine politisch und gesellschaftlich klar bestimmten Wert haben. »Bildung für alle« im Sinne von Lindner ist nur möglich, wenn dezentrale Lernnetzwerke entstehen können.

Man könnte abschließend davon sprechen, dass sowohl Social Media wie die Bildungsstrukturen gehackt werden müssen: In ihrem Selbstverständnis lösen Hacker auf kreative und ästhetische ansprechende Art und Weise Probleme. Sie tun dies als intellektuelle Herausforderung, nicht um einem von außen vorgegebenen Zweck zu genügen, und umgehen dabei Beschränkungen und Hindernisse, ohne auf Erwartungen Rücksicht zu nehmen. Dieses Ideal kann sowohl auf die Internetkommunikation wie auch auf die Bildung bezogen werden: Wenn sie funktionieren, dann bringen sie Menschen dazu, kreativ Probleme zu lösen, weil sie daran Spaß haben. Es wäre zu wünschen, dass dies gelingen kann.