Aaron Swartz‘ Idee der perfekten Universität

Aaron-Schwartz

Der kürzlich verstorbene Internetaktivist Aaron Swartz hat im Alter von 20 Jahren ein Jahr an der Elite-Uni Stanford studiert, die er nach einem Jahr verließ um an eigenen Projekten zu arbeiten. In einem Eintrag in seinem Blog, in dem er über seinen dritten Tag an der Uni nachdenkt, übt er radikale Kritik an Stanford und formuliert sein Ideal einer Universität:

It’s hard to say this without sounding even more superior than usual, but it doesn’t strike me that most Stanford students (and professors) are exceptionally bright. I suppose this is not too surprising, since the requirements for admission do not really test for this quality. And unlike, say, MIT, Stanford doesn’t interview students as part of the admission process, nor do they demand any examples of real work (which seem like decent ways of finding intelligence). I was led to believe that Stanford was a magical place where everyone was a genius. This is somewhat disappointing.

If I wanted to start a more effective university, it would be pretty simple: Hire the smartest people and accept the smartest students, get them to work on projects that interest them, get them to work together on stuff that interests them, organize a bunch of show-and-tells and mixers, and for the most part let them figure stuff out on their own. (This system might be cheaper too.)

Bemerkenswert finde ich daran mehrere Punkte:

  1. Die Aussage, dass »real work« ein deutliches Zeichen von Intelligenz sein. 
  2. Dass formale Bildung leicht durch informelle ersetzt werden kann.
  3. Die Bedeutung von zwei Punkten:
    a) Dass intelligente Menschen sich treffen und
    b) dass sie an Projekten arbeiten, die sie selber interessieren.

Für die Umsetzung von Swartz‘ Idee braucht es heute keine Universität im physischen Sinne mehr: Soziale Netzwerke ermöglichen alles, was er einfordert – ohne allerdings die Reputation eines Abschlusses bieten zu können. Aber wer braucht einen Abschluss, wenn er oder sie »real work« vorweisen kann?

Vorstellung: MOOC

Die Abkürzung MOOC steht für Massively Open Online Courses, also Unterrichtseinheiten, die sehr vielen Studierenden offen stehen. Gemeint sind Tausende von Lernenden, die gleichzeitig Vorlesungen hören können, sich darüber austauschen und teilweise sogar interaktiv einbezogen werden können.

MOOCs gehören zu dem, was man Blended Learning nennt, das wohl bekannteste Beispiel ist die darauf spezialisierte Khan Academy.

In einem Interview mit The Atlantic macht der Verantwortliche für Online-Learning an der Stanford University, John Mitchell, einige aufschlussreiche Bemerkungen, die ich hier knapp festhalten möchte:

  1. Das Herstellen von Videos ist heute vom Aufwand und vom technischen Know-How her kaum mehr von der Produktion von Texten zu unterscheiden.
  2. Online Learning führt dazu, dass die Arbeitszeit von sehr kompetenten Lehrenden effektiver eingesetzt werden kann.
  3. Online Leraning führt zu einer Demokratisierung der Bildung: Auch Studierende an anderen Unis können die Top-Professoren von Stanford in Videovorlesungen erleben.
  4. Studierende können die Zeit ihres Studiums flexibler nutzen – z.B. berufsbegleitend oder von zuhause aus studieren.
  5. Gleichzeitig bieten MOOC für die Zeit an der Uni mehr individuelle Betreuungsmöglichkeiten, weil die Lehre zu einem großen Teil online stattfindet.

Mitchell erwähnt auch eine Gefahr, dass die Forschungsgemeinschaft an einer Uni, die Lehre und Forschung verbindet, auseinanderfallen könnte – was auch zu wirtschaftlichen Problemen führen könnte, weil viele bedeutende Forscherinnen und Forscher sich mit Drittmitteln finanzieren, die sie vor allem dank ihrer Forschung erhalten.

Bild Flickr, giulia.forsythe, CC BY-NC-SA 2.0