Der Einfluss von Technologie: Realität und Ideal

Bildschirmfoto 2014-08-26 um 13.48.00

Führt man eine ideologische Diskussion über Wirtschafts- und Politiksysteme, entsteht früher oder später ein unfairer Vergleich: Die realen Auswirkungen eines unsauber umgesetzten Systems – beispielsweise des Kommunismus vor dem Mauerfall – werden mit den idealen Auswirkungen eines theoretischen Systems verglichen – beispielsweise dem Einhorn-Kapitalismus, der Frieden schafft und Hunger eliminiert.

Dasselbe Problem ergibt sich bei der Diskussion von Social Media und anderen digitalen Werkzeugen: Während Social Media in der Realität zu einer gigantischen Unterhaltungsmaschine geführt haben, die von wenigen sinnvoll genutzt werden kann und an gewissen Orten massiven Schaden anrichtet, werden sie – auch von mir – oft an ihrem Potential gemessen, das sie nur dann entfalten, wenn enorm viele individuelle Nutzerinnen und Nutzer vernünftige Wesen mit hoher Medienkompetenz wären.

Und das Problem begegnet uns gleich noch einmal: in der Schule nämlich. Lehrpläne, Kompetenzbeschreibungen, didaktische Methoden und Theorien, die Planung von Schulen und Lehrpersonen und vieles mehr lassen sich nur Kritik in Bezug auf ihre idealen Umsetzungen gefallen. Keinesfalls dürfen sie an der Realität gemessen werden.

Kurz: Wenig immunisiert so gut gegen Kritik wie der Verweis auf ungünstige Rahmenbedingungen. Kommunismus wäre wundervoll, gäbe es keine korrupte und unfähige Elite, welche Ressourcen verschwendet. Kapitalismus ebenso, würden Staaten keine Spielregeln festlegen. Dasselbe gilt für Technologie und Bildungspolitik.

* * *

Was hilft gegen diese argumentative Falle? Zunächst die Einsicht, dass selbstverständlich eine ungünstige Ausgangslage auch kein Argument gegen eine Theorie ist. Konzepte dürfen davon abhängig sein, wie sie umgesetzt werden – anders ist das ja gar nicht denkbar. Zu dieser Einsicht muss sicher Kritik treten. Der Literaturwissenschaftler Roland Reuss hat in der NZZ heftig die Immunisierungskraft von Social Media gegen Kritik angeschrieben – lesenswert dazu auch Mercedes Bunz über Kritik im Zeitalter der Digitalisierung (kostenpflichtig). Ein Beispiel: Das Problem, dass in vielen westlichen Ländern statistisch gesehen nur Kinder und Jugendliche aus bestimmten Milieus Erfolgschancen haben, wird durch den Einsatz von Technologie – die allen Zugang zu Informationen, Wissen und Bildung verspricht – nicht gelöst, sondern verschlimmert. Die negativen Effekte der Mediennutzung führen – wie schon beim Fernsehen – dazu, dass andere Angebote wie Bildung nicht optimal zur Geltung kommen. Kritik muss diesen Zusammenhang benennen und Lösungen für schwierige Probleme suchen – iPads verteilen hilft dabei nicht.

Selbstverständlich kann Technologie ein Hebel sein, um Veränderungen im Bildungsalltag oder in anderen sozialen Kontexten zu bewirken. Dieser Mechanismus ist aber kein Automatismus, sondern kann nur spielen, wenn ein Problembewusstsein vorhanden ist.

* * *

Zu der zuvor erwähnten Kritik sagt Benjamin Bratton in einem sehenswerten TED-Talk Entscheidendes: TED – also die Veranstaltung, an der inspirierende Rednerinnen und Redner über Technology, Education und Design sprechen – ginge davon aus, dass Probleme Rätsel seien, zu deren Lösung lediglich eine Neuanordnung aller Elemente nötig sei. Die Hoffnung ist dabei meist die, dass Technologie dabei hilft – und Probleme verschwinden, wenn genügen Rechenleistung vorhanden ist. Dabei würde zu viel Aufwand für Dinge betrieben, die nichts bewirkten, aber uns ein gutes Gefühl geben – statt in Ansätze, die funktionieren, aber uns kein gutes Gefühl vermitteln (Minute 11).

Sharknado – eine Replik auf die Intellektuellenschelte von Evgeny Morozov

In der Zeit hat Evgeny Morozov gestern einen Essay publiziert, in dem er die Rolle der Intellektuellen in der Debatte übers Internet hinterfragt. Der Text liegt auf Englisch und Deutsch vor, ich zitiere die Übersetzung, habe aber das Original auch gelesen.

a_560x0Morozovs Text ist recht komplex und anfangs etwas undurchsichtig. Er vergleicht zu Beginn das Internet mit einem Sharknado. Dabei bezieht er sich auf den oben abgebildeten Wirbelsturm in einem populären amerikanischen Film, der vom Gedankenexperiment ausgeht, ein Wirbelsturm hebe einen Schwarm Haie aus dem Meer und befördere sie so nach Los Angeles. Nun: Es gibt keine Sharknados. Morozovs Aussage deshalb – Expertinnen und Experten reden über das Internet, als wäre es etwas, was es nicht gibt. Sie sind nun entweder Intellektuelle, die öffentliche Debatten über ein Phantom-Internet bestreiten, oder verdienen ihr Geld damit, Menschen Lösungen im Umgang mit dem Phantom-Internet anzubieten – das die Grundthese Morozovs.

Ob man meine Argumentation überzeugend findet, hängt allerdings davon ab, ob man „das“ Internet für einen Asteroiden hält, den ein Astrophysiker erklärt, oder für einen Sharknado, also einen Gegenstand, den man zwar erklären kann, aber nur zu dem Preis, dass man ihn dadurch glaubhafter macht, als er sein sollte.

Das ist natürlich eine falsche Alternative, die Morozov hier eröffnet: Die mit dem Internet verbundenen Kommunikationspraktiken können nicht entweder mit einer echten Bedrohung der Menschheit wie einem Asteroiden verglichen werden oder aber mit einer imaginierten – einem Sharknado – sondern auch mit weniger gefährlichen Phänomenen oder zumindest von gesellschaftlich hervorgebrachten und nicht von der Natur erzeugten. Also etwas mit der Industriegesellschaft – das tut Mercedes Bunz – oder mit dem Kapitalismus – das tut Geert Lovink.

a_560x0 (2)

Morozov zieht nun Chomsky und Foucault bei, um den Internet-Intellektuellen ein problematisches Verhältnis zur Macht vorzuwerfen:

Nach Chomsky müssen Intellektuelle den Mächtigen die Wahrheit sagen. Nach Foucault müssen sie Wahrheit als Macht entlarven.

Das würden Expertinnen und Experten in der Diskussion der Auswirkungen des Internets nicht tun, was man mit einem einfachen Test herausfinden könne – wer sich für Reden bezahlen lasse, Regierungen im Umgang mit dem Internet berate oder gar die Waffenindustrie, können nicht glaubhaft infrage stellen, was Machtapparate mit digitaler Technologie täten. Morozovs Paradebeispiel dafür ist ein Gespräch, das Jeff Jarvis 2007 mit Ghadaffis IT-Minister in Boston führte.

Was Morozov hier bemüht, ist eine Silicon-Valley-Vorstellung eines Intellektuellen. Davon grenzt sich beispielsweise Jaron Lanier klar ab, wenn er darauf hinweist, dass:

Das Denken der Menschen im Silicon Valley in einem Widerspruch gefangen ist: Einem Widerspruch zwischen den Mechanismen der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, die entwicklungsfreudigen und technologiegläubigen Menschen ein komfortables Leben ermöglichen – und dem Anspruch, Menschen aus den Zwängen des Geldes zu befreien, Informationen frei zugänglich zu machen.

Selbstverständlich trifft Morozov damit gewisse TED-Talks, die gegenüber politischer und wirtschaftlicher Macht eine große Naivität an den Tag legen. Aber er verfehlt europäische Intellektuelle wie Kathrin Passig, Sascha Lobo oder Christoph Kappes, deren Reflexion des Internets immer politisch und kritisch ist.

a_560x0 (1)Und doch erschöpft sich Morozvs Argumentation nicht darin. Sie enthält einen feineren Punkt, der eine genaue Lektüre lohnt. In Bezug auf Foucault schreibt er:

Die Herausforderung besteht darin zu verstehen, wie ein Sharknado zu einer Idee werden kann, um die herum eine Fernsehsendung und ein Evakuierungsunternehmen aufblühen. Die emanzipatorische Aufgabe des Intellektuellen wäre es, aufzuzeigen, dass es auch andere Bezugsmöglichkeiten zwischen Haien, Wasser und Wetter gibt als diejenigen, die wir Sharknado nennen.

Das ist richtig. Natürlich können sind die Konstellationen von Kommunikationspraktiken, Informationsfluss, Arbeitswelt, politischer Machmanifestation, Gesellschaft etc., denen wir vereinfachend den Namen »Internet« geben, kontingent, d.h. sie könnten auch anders sein. Das muss in der Diskussion reflektiert werden, weshalb es auch wichtig ist, dass Morozov auf drei Probleme hinweist:

  1. Das Internet ist nicht ein einheitliches Phänomen, sondern verbindet eine Reihe unterschiedlichster Mechanismen, die sich nicht aufeinander übertragen lassen. Nicht jedes Forum funktioniert wie die Wikipedia, nicht jedes soziale Netzwerk ist Facebook, nicht jede Art von Filesharing funktioniert wie Napster.
  2. Was wir tun, ist nicht ein Effekt dessen, was wir Internet nennen, sondern das Internet ist das Produkt von dem, was wir tun. Diese Behauptung Morozovs ist meiner Ansicht nach unterkomplex: Es gibt vielmehr Wechselwirkungen. Die Möglichkeiten von Technologie verändern das Verhalten von Menschen, auch wenn sie selbst natürlich wiederum Ursprungsbedingungen haben. Das eine schließt das andere nicht aus.
  3. Die Diskussion und Interpretation des Internets ist in einen größeren Theorierahmen eingebettet, also nie frei von Ideologie, nie objektiv.

Mit diesen drei Punkten hat Morozov Recht. Aber er ignoriert, dass er damit nicht alleine steht. Er entwirft Strohmänner, indem er aus Texten von Johnson, Shirky und Jarvis selektiv Abschnitte rauspickt, die dafür geeignet sind, zu zeigen wie naiv diese Intellektuellen sein sollten. So richtig vieles von dem ist, was er sagt, so selbstverständlich ist es für die Menschen, die übers Internet vertieft nachdenken.

Wie Algorithmen unser Leben verändern werden

Niemand weiß, wie die digitale Welt in 10 Jahren aussehen wird. Während sich die westlichen Gesellschaften in den letzten 50 Jahren nur marginal verändert haben, ändern sich digitale Praktiken sehr schnell: Wir haben alle die Zeit erlebt, in der wir mit Pseudonymen im Internet aktiv waren – heute sind die meisten von uns mit unserem Namen präsent; ohne dass sich viele Menschen überlegt haben, warum das so sein könnte.

Blicke ich in die digitale Zukunft und damit auch in die Zukunft von Social Media, dann denke ich meist an Algorithmen oder Bots. Die Science Fiction war lange von Robotern geprägt, Menschen nachgebildeten Geräten, die vollautomatisch operierten. Man kann die Form und sogar die Materialität weglassen und einfach von »Handlungsvorschriften, die nach einem bestimmten Schema Zeichen umformen« sprechen – wie das Mercedes Bunz in ihrem hervorragend Buch Die stille Revolution tut. Gibt es solche Handlungsvorschriften, dann gibt es natürlich auch entsprechende Geräte, die sie ausführen können – ohne dass es Menschen dazu braucht. Im Jahre 2020 wird es zwischen 50 und 100 Milliarden Geräte mit Internetanschluss geben; die alle Gegenstände und Lebewesen verwalten, nachverfolgen und orten können, die mit einem RFID-Chip ausgestattet sind. Schon 2007 gab es einen solchen Chip, der so klein wie ein Staubkorn war. Bunz spricht in ihrem Buch davon, dass diese Erkenntnis sofort zu einem Reflex führt, dass man an die totale Überwachung denkt – natürlich nicht zu Unrecht:

Wir sehen nur, wie eine bestimmte Technik in einem historischen Moment  eingesetzt wird, und vergessen darüber, dass man damit auch noch ganz andere, bessere Dinge anstellen könnte. Konzentrieren wir uns noch einmal auf den wesentlichen Aspekt des Internets der Dinge: Es erlaubt uns, Projekte, für die wir neben Menschen und Informationen auch materielle Gegenstände und Räume brauchen, wesentlich schneller, leichter und vor allem kostengünstiger zu organisieren. […] damit verlieren die großen, hierarchischen, über Mitgliedsbeiträge, Steuergelder oder die von Aktionären bereitgestellten Mittel finanzierten Institutionen des Industriezeitalters ihr Monopol auf Unternehmungen eines bestimmten Ausmaßes oder Komplexitätsgrades. (156)

11cdb0163e4211e2b62722000a1fbc10_7

Während Bunz die Revolution der Algorithmen parallel zur Industrialisierung in einem gesamtgesellschaftlichen Rahmen beschreibt, möchte ich etwas konkreter zeigen, was Algorithmen für unseren digitalen Alltag bedeuten und wie sie heute – vielfach unbemerkt – schon präsent sind. Ich tue das anhand von sechs Beispielen, die ich kommentiere.

  1. Algorithmen in Smartphones erkennen heute automatisch, wie hell sie den Bildschirm stellen müssen, damit wir ihn lesen können; bemerken, ob wir auf den Screen schauen und wie wir das Gerät halten. Sie lernen unser Tipp- und Schreibverhalten und verbessern unsere Fehler automatisch. Sie schlagen uns Musik und Apps vor, die wir wahrscheinlich mögen. Sie kennen unsere Kontakte, wissen, wie und worüber wir mit ihnen kommunizieren.  Sie verbessern unsere Bilder automatisch. Wir werden nicht lange auf die ersten Optionen in sozialen Netzwerken warten müssen, die es erlauben, dass automatisch interessante Statusmeldungen, Bilder oder Videos gepostet werden. Schließlich können Algorithmen problemlos erkennen, nach welchen Mustern wir handeln. Unsere Smartphones werden unsere Umwelt wahrnehmen und in der Lage sein, Ausschnitte daraus zu teilen.
    Während wir heute nur noch in der Lage sind, etwas Bedeutsames zu erleben, wenn wir es digital festhalten, werden Algorithmen diese Aufgaben so für uns übernehmen können, dass wir die maximale Aufmerksamkeit unserer Kontakte erhalten. 
  2. Unsere Kontakte könnten bereits heute problemlos Algorithmen oder Bots sein. Mithilfe der im Internet verfügbaren menschlichen Äußerungen können Algorithmen selbständige Facebook-Profile füllen und mit anderen Usern zu interagieren. Spricht uns jemand Unbekanntes im Internet an, können wir heute nicht sagen, ob dahinter eine Person oder ein Bot steckt. Diese Unsicherheit wird zunehmen, wenn z.B. Unternehmen für die Kundenberatung etc. Algorithmen im großen Stil einsetzen, die menschliches Verhalten imitieren und so nicht als solche zu erknnen sind.
  3. Algorithmen können für uns Routinearbeiten erledigen. Sie werden dabei immer besser in der Lage sein, von uns zu lernen: Wir zeigen ihnen zwei, drei Mal, was wir machen wollen, uns sie führen den Schritt dann selbständig aus. Dadurch werden viele Arbeitsschritte ihre Bedeutung und ihren Wert verlieren; geistige Arbeit wird davon stark betroffen sein, vor allem, wenn sie aus Routinearbeiten besteht. Betrachten wir nur Berufe, die mit Büchern zu tun haben: Jeder Buchhändler und jede Bibliothekarin ist heute durch einen Algorithmus ersetzbar. Sie finden Bücher nicht nur schneller, sondern können relevante Passagen zitieren (Amazon sammelt für jede Buch die Passagen, die am häufigsten angestrichen werden) – und zwar aus allen Büchern. Zudem können sie Leserinnen und Leser anhand ihrer Lektüreerfahrungen besser einschätzen.
  4. Überhaupt sind Algorithmen fast in jeder geistigen Tätigkeit Menschen überlegen, die nicht hochtalentiert und enorm erfahren sind. Das zeigt sich sowohl am Schachspiel wie auch beim Pokern. Wettkämpfe sind nur noch möglich, wenn sicher gestellt werden kann, dass Algorithmen keine Rolle spielen. Damit ist auch gezeigt, dass Algorithmen uns Menschen verbessern werden. Sie werden unsere Schwächen kompensieren wie eine Brille das tut. Viele Menschen nutzen heute komplexe Computer mit schlauen Algorithmen, um ihr Gehör zu verbessern. Aus diesen Hörgeräten werden bald Denkgeräte entstehen, die verhindern, das wir vergessen, was wir nicht vergessen wollten, dass wir abschweifen, wenn wir uns konzentrieren wollen.
  5. Algorithmen werden Medien in andere umwandeln. Sie werden uns Texte vorlesen, bildlich darstellen oder Gehörtes verschriftlichen, wenn wir das wünschen. Sie werden Sprachen in andere übersetzen, in real-time und ohne Kosten. Sie werden unsere Gesten besser verstehen, als wir das heute können: Erkennen, wann Babys zur Toilette müssen, wann sie Schmerzen haben.
  6. Bereits heute finden wir Informationen nur noch dank Algorithmen. Google zeigt uns, was wir finden wollen – und zwar anhand von verschiedener, automatischer Abläufe, die unser Suchverhalten, das andere Menschen sowie weitere Kriterien berücksichtigen. Die Technik der Google-Suche kann an beliebigen Orten eingesetzt werden. Nehmen wir die iPad-Menukarte im Restaurant: Sie kann uns problemlos Vorschläge aufgrund unseres Essverhaltens sowie den Vorlieben anderer Menschen machen, kombiniert mit Preisüberlegungen, Wartezeit etc.

Algorithmen werden unbemerkt unverzichtbar werden. Heute können wir die Geräte eine Weile weglegen und ohne sie leben. Bald wird uns das so wünschenswert erscheinen, wie ohne Kleider aus dem Haus zu gehen. Auch das könnten wir, es ist aber nicht nur sozial geächtet, sondern auch meist sehr unbequem.

Von Algorithmen erstellte Kunst. Don Relya, donrelyea.com
Von Algorithmen erstellte Kunst. Don Relya, donrelyea.com

In seinem Buch Gadget hält Jaron Lanier fest, dass unsere Unfähigkeit, online zwischen Mensch und Algorithmus zu unterscheiden, eine Reduktion unseres Menschenbilds zeigt: Wir erwarten von einem Menschen nicht mehr als von einem Algorithmus. Das ist eine Sicht. Lanier behauptet, nur Menschen könnten Bedeutungen hervorbringen. Das darf stark bezweifelt werden: Bald werden uns vollautomatisch erstellte Bilder, Texte und Videos zu Tränen rühren und lachen machen, weil Algorithmen wissen, was für uns lustig ist und was berührend. Mit uns werden auch Algorithmen lachen und weinen – weil sie gelernt haben, wann Menschen das tun.

Die Digitalisierung bietet uns heute die Möglichkeit, eine andere Zukunft zu gestalten. Und aus ihr wird, was wir aus ihr machen. (160)

So der optimistische Schluss von Bunz‘ Buch. Unklar ist, wer wir sein werden, die diese Zukunft gestalten: Gibt es in zehn Jahren noch ein Ich ohne Hilfsmittel? Und: Wäre das zu bedauern?