Gestern machte ein Artikel von Golem.de die Runde auf dem Internet (auch auf zeit.de), in dem es um folgenden Vorfall geht:
In Braunlage im Harz wurden sechs Schüler von einer Unterrichtsstunde mit einem Geschichtenerzähler ausgeschlossen, weil ihre Eltern einer Veröffentlichung von Fotos der Veranstaltung bei Facebook nicht zugestimmt hatten.
Das Beispiel zeigt die Bedeutung der Frage, ob Eltern und Schulen Fotos von Kindern in sozialen Netzwerken oder überhaupt im Internet publizieren dürfen. (Klar ist, dass man keine Kinder von Veranstaltungen ausschließen kann, nur weil sie oder ihre Eltern nicht wollen, dass sie auf Facebook-Fotos erscheinen.)
Auf Facebook gibt es eine Gruppe, die fordert, dass im Social Web keine Kinderfotos publiziert werden dürfen.
Die wesentlichen Argumente sind die folgenden:
- Man überträgt mit der Publikation gewisse Rechte an Facebook.
- Eltern und Schule haben die Aufgabe, die Privatsphäre von Kindern zu schützen.
- Eltern und Schule dürfen nicht über die Publikation von Bildern befinden, welche die Kinder unter Umständen später nicht wünschen.
- Pädophile nutzen Social Media zum Finden von potentiellen Opfern.
Wenn Schulen trotzdem darauf bestehen, Bilder zu publizieren, so müssen sie das Einverständnis der Eltern einholen und sie dabei auch darauf hinweisen, was eine Publikation bedeutet. Golem.de erwähnt »Risiken wie weltweite Abrufbarkeit, Veränderbarkeit und Nutzung«.
Der Datenschützer von Schleswig-Holstein findet deutliche Worte:
Selbst der unzulässige Betrieb einer Facebook-Fanpage ist im Schulbereich nicht tabu – und zugleich ein pädagogisch katastrophales Vorbild für die Kinder und Jugendlichen. Facebook legt alles darauf an, nicht nur den Kindern, sondern auch den Schulleitungen den Kopf zu verdrehen.
Die rechtliche Situation mag in der Schweiz eine leicht andere sein. Eine Schule kann über eine Facebook-Seite Kommunikationsaufgaben wahrnehmen und es ist auch möglich, sich und die Schülerinnen und Schüler ausreichen zu schützen. Dennoch ist es wichtig, sich folgende Fragen zu stellen:
- Was ist der Zweck des Hochladens?
- Wer soll dieses Bild überhaupt sehen – und wer nicht?
- Wenn ich es jetzt und hier poste, welchen Bedingungen unterwerfe ich mich, wie viel Kontrolle habe ich?
- Verstehe ich all diese Bedingungen? Verstehe ich meine Kontrollmöglichkeiten?
- Bin ich nun in der Lage, hier eine sichere Entscheidung zu treffen, mich guten Gewissens dafür oder dagegen zu entscheiden?
- Oder gibt es sozialen Druck: weil alle mitmachen, ich nicht außen vor bleiben will oder ich schon zugesagt habe, ohne mich vorher ausführlich zu informieren?
- Gibt es Alternativen zum bisherigen Vorhaben?
- Wie kann ich die mir aufscheinenden Risiken minimieren oder gar ganz ausschließen?
Die Fragen stammen aus diesem aufschlussreichen Grundlagenartikel von Dr. Stephan Humer.
Hallo Ihr.
Danke für den Beitrag. Wenn Ihr aber schon einen Screenshot meiner Facebook-Initiative zeigt, wäre ein Link darauf ebenfallse sehr nett gewesen, oder?
Liebe Grüße
Stefan Freise
Ich verlinke nur in Ausnahmefällen auf Facebookseiten – weil es LeserInnen gibt, die kein FB-Konto haben. Die hier angegebene Seite ist ja keine Projektseite, oder?
(Interessantes Problem: Wenn du FB für eine „Datenkrake“ hältst – warum baust du deine Präsenz nicht davon unabhängig auf?)
MfG, Philippe
Ich halte Facebook nicht für eine Datenkrake im negativen Sinn. Außerdem: Wenn Du Leute erreichen willst, musst Du das ja da machen, wo sie sind. Deswegen finden Demonstrationen ja auch in Fußgängerzonen statt und nicht in Parks oder Stadien 😉 Das mit dem Link finde ich doof. Nur weil Du ihn nicht angibst, müssen Interessierte ihn suchen. Denen könntest Du einen Service bieten, verweigerst den aber aus Prinzip, mit Rücksicht auf die weniger Interessierten. Im Zweifel verlink einfach auf mein Blog last-voice.de. Das kann jeder(!) lesen. Musste aber nicht.
Eine gute Alternative zu Facebook ist My-Baby.ch! Hier kann man seinem Kind einfach und schnell eine eigene Homepage widmen. Diese kann man auf Wunsch sogar vor Google verstecken und mit einem Passwortschutz versehen.
Dieses Problem gilt nicht nur für das Social Web, sodnern auch für das Web 1.0 und das, was viele als „Real Life“ bezeichnen. Als Zeitungsjournalist habe ich es in Schulen oft erlebt, dass Kinder an Veranstaltungen so lange nicht teilnehmen durften, wie der Fotograf dabei war. Egal ob beim Umweltunterricht mit Dampfmaschine oder beim Jubiläumsfoto mit allen Schülern auf dem Schulhof: Oft standen ein paar Kinder abseits…
Danke – das ist ein sehr berechtigter Einwand. Social Media hat aber eine zusätzliche Unsicherheitsdimension und einen zeitlichen Aspekt – in traditionellen Medien wird ein Bild publiziert, dessen Funktion man genau kennt.
Die Kinder stehen dann nicht im Abseits, sondern in einer sicheren Zone. Eine Frage der Perspektive.