Working Out Loud in Bildungskontexten

Working Out Loud ist ein Konzept von John Stepper. Es kann auf zwei Arten gelesen: Als Ideal und als praktische Anleitung, das Ideal zu erreichen.

Das Ideal formuliert Stepper wie folgt:

More than just making your work visible, you regularly frame what you’re doing as a contribution and as a way to deepen relationships. You develop an open, generous, connected approach to work and life. (Vorwort des Buches)

Darin sind verschiedene Elemente versteckt, die sich auch in der unten stehenden Grafik finden. Für mich zentral: Im Austausch mit anderen wird mir bewusst, was meine Arbeit bedeutet. Sie wird in ein Beziehungsnetzwerk eingebunden, das durch diese »Contributions« gestärkt und vertieft wird.

Im Folgenden werde ich skizzieren, was es für Menschen in Bildungskontexten bringt, WOL-Prinzipien anzuwenden.

Dieses Ideal lässt sich in einem bestimmten Prozess anstreben. Auf wol-schweiz.ch steht dazu:

WOL ist eine Art ‚Selbstlernprogramm‘ in einer kleinen Gruppe. 4-5 Personen (der Circle) treffen sich einmal wöchentlich für 1 Stunde, und dies während 12 Wochen.

Der Circle Guide (hier die deutsche Version) führt durch diese 12 Wochen, mit dem Circle Finder lassen sich geeignete Circles zusammenstellen.

Dieses 12-Schritt-Programm ist für Interessierte der richtige Weg, um WOL vertieft anwenden zu lernen.

Einzelne Übungen lassen sich aber gut auch ohne diesen festen Kontext anwenden. Bevor ich unten einzelne Übungen aufliste, beschreibe ich, welches Ziel Lehrpersonen oder Dozierende damit erreichen können:

Wer unterrichtet, übt oft Tätigkeiten aus, die im konkreten Unterricht wenig sichtbar werden und kaum je mit Wertschätzung verbunden sind. Korrekturen, vertiefte Lektüre für die Vorbereitung, Weiterbildung, Elterngespräche etc. werden wenig wahrgenommen, stellen aber oft eine starke Belastung dar. Gerade auch die Arbeit mit digitalen Medien verschwindet oft im Schulalltag, erscheint dann unnötig oder sogar problematisch. WOL ist ein Weg, diese Tätigkeiten für sich selbst wertvoll zu machen – und sie anderen als Ressource zur Verfügung zu stellen.

Gleichzeitig erfolgt eine Vernetzung mit anderen Personen, die an ähnlichen Fragestellungen arbeiten. Diese Vernetzung kann einer Isolation an der eigenen Institution vorbeugen, was gerade dann wichtig ist, wenn innovative Unterrichtsentwicklung betrieben wird, die teilweise die Didaktik von Kolleginnen und Kollegen infrage zu stellen scheint.

Ein weiterer Aspekt besteht darin, an Schulen dazu beizutragen, dass Beziehungen offen, Arbeit sichtbar und teilen zu einer Kultur wird.

Dabei helfen die folgenden Übungen. Sie gehen davon aus, dass es eine Art Entwicklungs- oder Lernziel gibt. Wer WOL anwendet, sollte eine Vorstellung davon haben, was sie oder er erreichen möchte. Das müssen nicht karriere- oder berufsbezogene Erfolge sein: Auch eine Freizeit-Entwicklung zeigt beiläufig, wie soziales Lernen funktioniert.

Mit dieser Vorstellung im Hinterkopf sollten die folgenden Übungen bearbeitet werden. Sie stammen fast alle aus den WOL-Guides.

  1. »Pay yourself first«
    Zeit für die eigene Entwicklung reservieren. In der Agenda für die nächsten vier Wochen vier Termine festlegen, die für das eigene Entwicklungsziel reserviert sind.
  2. Empathische Mails schreiben.
    Kurz überlegen, was die E-Mail bei der anderen Person auslöst, weshalb sie sich um mein Anliegen kümmern sollte. Und das in der Formulierung der E-Mail mitbedenken.
  3. Ein universelles Geschenk machen. 
    Eine Person gegenüber Dankbarkeit, Aufmerksamkeit, Wertschätzung ausdrücken. Sich Zeit nehmen für eine positive Rückmeldung.
  4. Top10-Ressourcen.
    Eine Liste mit 10 Inhalten (Videos, Texte, Listen etc.) machen, die für das Erreichen des Entwicklungsziel unterstützend wirken.
  5. Eine Ressource teilen. 
    Wer dabei ein tolles Video, einen hilfreichen Blogpost, einen interessanten Anlass findet, teilt das jemandem mit, der oder die auch davon profitieren könnte.
  6. Eine eigene Ressource erstellen. 
    Das Angebot im Netz um etwas bereichern, was es noch nicht darin gibt.
  7. Eine Zweitverwendung für eine eigene Arbeit suchen. 
    Sich überlegen, wer auch noch von der eigenen Arbeit profitieren könnte. Und sie so entsprechend verfügbar machen.
  8. Eine offene, neugierige Frage stellen. 
    Am Arbeitsplatz. Und im Netz.
  9. Netzwerke und Influencer*innen identifizieren. 
    Erkennen, wer sich mit einem Thema auskennt und in welchen Bereichen darüber gesprochen wird. In einigen Netzwerken sind wir schon drin – da hilft es, sich das bewusst zu sagen. Andere gibt es im Netz – da lohnt es sich, reinzukommen.
  10. Networking.
    Durch Fragen, teilen, Aufmerksamkeit und Geschenke Beziehungen aufbauen, die mit der eigenen Entwicklung verbunden sind.

Die bewusste WOL-Arbeit sollte eine vertiefte Wahrnehmung der eigenen Arbeit, wichtiger Beziehung und der sozialen Einbindung von anderen Menschen ermöglichen. In einem Workshop an der PH Zug (Slides) habe ich mit ICT-Verantwortlichen zum Thema gearbeitet. Dabei haben wir uns gefragt, weshalb nicht alle Lehrpersonen bereit sind, zu teilen. Die Ergebnisse stehen unten: Die Frage ist eine, mit der sich WOL beschäftigt. WOL ist also kurz ein Weg, (digitales) Lernen bewusst sozial zu gestalten.

Bildschirmfoto 2020-01-16 um 18.24.26.png

 

5 Kommentare

  1. Lea sagt:

    Spannend. Ich habe auch schon darüber nachgedacht, wie man WOL in Bildungseinrichtungen verankern könnte, es bietet sich ja quasi an. Ich würde mich über weitere Beiträge zu diesem Thema freuen.

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