Finland has figured out that competition between schools doesn’t get kids as far as cooperation between those schools.
Dieser Satz in einem WEF-Artikel über die Vorzüge des finnischen Bildungssystems hat in mir einen Gedanken ausgelöst, mit dem ich drei prägende Schulerfahrungen der letzten Woche bündeln und reflektieren kann. Was für Schulen gilt – dass Pseudo-Wettbewerb viele Ressourcen verschleißt und konstruktive Zusammenarbeit verhindert – das gilt ebenso für Lernprozesse. Hier die drei Beispiele dazu:
- Eine Klasse hat längere Literatur-Essays nach IB-Vorgaben geschrieben. Ich habe die Texte genau gelesen und pro Arbeit mindestens eine Seite Feedback geschrieben, teilweise deutlich mehr. Nach der Rückgabe der korrigierten und kommentierten Essays fragt mich eine gute Schülerin, ob ich den Text von Schüler N. wirklich besser gefunden hätte als ihren, schließlich hätte er einen Punkt mehr. Ich fühle mich vor den Kopf gestoßen: Ich habe ihre Arbeit gut bewertet und Abzüge genau kommentiert. Weshalb vergleicht sie sich mit N., wo doch die konkrete Note bei dieser Arbeit keinen Einfluss auf ihre Bewertung im Zeugnis hat?
Später merke ich, dass die Punktzahl und der Wettbewerb für sie selbstverständlich eine kommunikative Wirkung haben – einzelne Arbeiten zu bewerten führt zu einem Wettkampf mit entsprechenden Anreizen; den ich auch dann nicht verhindern kann, wenn ich der Prüfungskultur gegenüber kritisch eingestellt bin. - Seit mehr als einem Jahr werden an der Kantonsschule Wettingen Schulnews von Schülerinnen und Schülern produziert und als Youtube-Filme ausgestrahlt. Da ich die Schule wechsle, war die aktuelle Staffel die letzte, die ich begleite. Ein längeres Auswertungsgespräch hat gezeigt, wie anspruchsvoll die Gruppenfindung und die Aufteilung der Arbeit war. Gerade die Tatsache, dass die kreative Kontrolle über das Projekt nicht bei einer Person liegen kann, gab zu vielen Diskussionen Anlass. Auch der hohe Rhythmus, der bestimmt, dass ein Video am Ende der Woche fertig sein muss, führt dazu, dass Absprachen nötig sind und nicht alle bei allen Arbeitsschritten dabei sein können.
Gerade der milde Design-Thinking-Ansatz, bei dem das Gestalten eines brauchbaren Produkts die Arbeitsformen und den Unterricht bestimmt, führt hier dazu, dass Zusammenarbeit deutlich wichtiger ist als Konkurrenz. Wie gut die einzelnen Videos im Vergleich mit anderen performen, ist zwar einsehbar – aber kaum je Thema. Viel wichtiger ist die Verteilung und Bewältigung der Arbeit in der Gruppe.
- Das Theaterprojekt »Kurze Stille in der Halle« habe ich als Zuschauer erlebt. Es handelt sich von der Entwicklung des Stücks mit Texten von Jugendlichen über die Terminierung, die Ausstattung bis zu den Choreographien um eine Kooperation: Zwischen zwei engagierten Lehrern, einer Gruppe motivierter Schülerinnen und Schülern, die ein Freifach besuchen, zwischen einer Schule und einem Theaterverein etc.
Am Schluss gibt es Applaus und Gespräche – über das Stück, über die Performance, über das Leben. Aber niemand könnte fragen, ob die eigene Leistung jetzt besser war, als die von jemand anderem. Die Aufführungen finden in einer ganz anderen Kultur statt. Eine Kultur, von der eine Schule deutlich mehr brauchen könnte.
Die Frage wäre also, wie auch ein Schreibprozess so gestaltet werden kann, dass Peer-Feedback sich nicht wie ein lästiger Arbeitsschritt anfühlt, sondern ähnlich wie bei der Theater- und der Youtube-Produktion Teil eines Gesamtprodukts ist, der nicht aufgrund einer Bewertung, sondern aufgrund der Zusammenarbeit mit anderen einen Wert bekommt. Eine Antwort habe ich noch nicht – aber ich bleibe dran und werde hier berichten, welche Formen sich in Bezug auf diese Frage bewähren. Die Orientierung ist dabei klar: Kooperation statt Schein-Wettbewerb.
„Ich merke, da habe ich es mit einem ausgefuchsten Medienprofi zu tun.“ Und wenn es so wäre? Und was meinen PsychologInnen zu einer solchen Aussage in diesem Kontext?
Jede Bewertung eines jeden Lehrers und einer jeden LehrerIn fliesst immer in iede Bewertung in jedem Zeugnis mit ein.
Stimmt (auch weil ich´s meinen SuS tagtäglich vorgelebt habe):
Man geht nicht in die Schule, um sich Noten abzuholen. Es gibt keine ungenügenden Noten (ich habe nie Noten unter 4 geschrieben). Bildung lässt sich nicht vergleichen.
Glaubst du tatsächlich, du wärst der einzige, der sich genau an dem stört, was dich hier stört?
Und glaubst du tatsächlich, ausschliesslich dein Dagegensteuern wäre das einzig richtige Dagegensteuern?
Hast du dich jemals mit dem auseinandergesetzt, was andere wollen, was ich will? Ich lebte ein Lehrerleben lang mit der immer wieder bestätigten Einschätzung, einer ganz kleinen Minderheit anzugehören. Ausschlaggebend dafür war u.a. auch meine Beziehung zur Benotung.
Eigentlich und vorallem mag ich deine Suffisanz hinten und vorne nicht. Viele Themen, die du ansprichst, interessieren aber auch mich. Du hingegen scheinst dich an mir festgebissen zu haben – du willst, dass ich so bin, wie du mich längst einschätzt.
Nein, Beat: Ich will, dass du nicht ständig solche Konflikte entfaltest, in denen es um dich und um unsere Beziehung geht. Das ist der Grund, weshalb ich dir eine Beratung empfohlen habe und diese Empfehlung hier wiederhole. Ich habe nicht auf deinem Blog kommentiert, sondern auf deinen Kommentar hier geantwortet. Dass du das umkehrst, scheint mir sehr bezeichnend.
Wie du zum Eindruck kommst, ich würde mich als einzigen sehen, der sich an etwas störst, kann ich nicht nachvollziehen. Ich tausche mich mit vielen Leuten aus, die dieselben oder ähnliche Fragen wie ich bearbeiten und habe nicht den Eindruck, ich sei hier irgendwie allein. Aber warum du hier gehässige Kommentare hinterlässt, um mir dann zu eröffnen, dass du eigentlich meiner Meinung bist, leuchtet mir nicht ein – und es lässt es mir auch nicht naheliegend erscheinen, mich für deine Didaktik zu interessieren, sondern bestätigt mich darin, dass ich diese Debatten lassen sollte, weil sie zu nichts führen und – so mein Eindruck – mehr mit einer Kränkung, die du erlitten hast, zusammenhängen, als mit irgendeinem Thema.
(Und dieser Kommentar zeigt, wie sehr ich mich damit auseinandersetze, was du willst.)
Zum Glück lesen nur Wenige mit.
Hat dies auf Bildungsdesign rebloggt und kommentierte:
Ich denke da gerne mit, und zwar mit der Forderung, individuelle Leistungsbeurteilungen endlich abzuschaffen, denn die fördern ja genau diesen Effekt.
Die Vorstellung hinter der individuellen Leistungsbeurteilung entspricht schon lange nicht mehr den realen Prozessen in Forschung, Entwicklung, Produktion, Verkauf, Logistik – und was es da sonst noch so gibt an Prozessen der Wertschöpfung. Weder hier noch beim „Lernen“ finden wir irgendwo isolierbare Leistungen eines Individuums, sondern ausschließlich und durch und durch kontextuelle und systemisch strukturierte Prozesse.
Der kontextuell-systemische Zugang zu Lernen & Arbeiten geht also umgekehrt vor wie unser Schulsystem: Sowohl Prozesse des Lernens als auch solche, in denen es dezidiert um ökonomische Wertschöpfung geht, werden umso besser erfasst und beschrieben, je mehr sie als kollaborative und ko-kreative Prozesse verstanden, aufgegleist, organisiert, durchgeführt und begleitet (gecoacht) werden. Hier ist der Beitrag des Einzelnen oder mehrerer Einzelner einer Gruppenleistung nicht „vorgeschaltet“. Die Leistung ergibt sich vielmehr aus den Formen der Kollaboration.
Leistung wird hier nicht als Summe von Beiträgen mehrerer Individuen angesetzt. Wir gehen umgekehrt davon aus, dass Leistung erst aus einer bestimmten Form der Kollaboration hervorgehen kann, die auch den beteiligten Individuen erst ermöglicht, einen entsprechenden Beitrag zu leisten. Dieser Beitrag entsteht erst durch Kollaboration und in ihrem Verlauf, und kann am Ende nicht individuell herausgerechnet werden. Leistung und ihre Erbringung sind in diesem Verständnis ein durch und durch kontextuelles Phänomen: Der Kontext entscheidet hier über die Qualität von Prozessen, und er entscheidet auch über die konkreten Möglichkeiten einzelner Personen, einen sinnvollen Beitrag zu leisten.
Quelle: https://www.linkedin.com/feed/update/urn:li:activity:6287534447076085760/
Ich entschuldige mich gleich vorweg. Ich lebe seit bald 4 Monaten in Berlin, d.h. in einer Stadt respektive in einem Stadtteil, der vor noch nicht allzulanger Zeit zu einem Land gehörte, welches exakt die von Ihnen beschriebenen Ziele manifestierte und verfolgte.
Ich denke da gerne mit, und zwar mit der Forderung, individuelle Leistungsbeurteilungen endlich abzuschaffen, denn die fördern ja genau diesen Effekt.
Die Vorstellung hinter der individuellen Leistungsbeurteilung entspricht schon lange nicht mehr den realen Prozessen in Forschung, Entwicklung, Produktion, Verkauf, Logistik – und was es da sonst noch so gibt an Prozessen der Wertschöpfung. Weder hier noch beim „Lernen“ finden wir irgendwo isolierbare Leistungen eines Individuums, sondern ausschließlich und durch und durch kontextuelle und systemisch strukturierte Prozesse.
Der kontextuell-systemische Zugang zu Lernen & Arbeiten geht also umgekehrt vor wie unser Schulsystem: Sowohl Prozesse des Lernens als auch solche, in denen es dezidiert um ökonomische Wertschöpfung geht, werden umso besser erfasst und beschrieben, je mehr sie als kollaborative und ko-kreative Prozesse verstanden, aufgegleist, organisiert, durchgeführt und begleitet (gecoacht) werden. Hier ist der Beitrag des Einzelnen oder mehrerer Einzelner einer Gruppenleistung nicht „vorgeschaltet“. Die Leistung ergibt sich vielmehr aus den Formen der Kollaboration.
Leistung wird hier nicht als Summe von Beiträgen mehrerer Individuen angesetzt. Wir gehen umgekehrt davon aus, dass Leistung erst aus einer bestimmten Form der Kollaboration hervorgehen kann, die auch den beteiligten Individuen erst ermöglicht, einen entsprechenden Beitrag zu leisten. Dieser Beitrag entsteht erst durch Kollaboration und in ihrem Verlauf, und kann am Ende nicht individuell herausgerechnet werden. Leistung und ihre Erbringung sind in diesem Verständnis ein durch und durch kontextuelles Phänomen: Der Kontext entscheidet hier über die Qualität von Prozessen, und er entscheidet auch über die konkreten Möglichkeiten einzelner Personen, einen sinnvollen Beitrag zu leisten.
Quelle: https://www.linkedin.com/feed/update/urn:li:activity:6287534447076085760/
„…Nach der Rückgabe der korrigierten und kommentierten Essays fragt mich eine gute Schülerin, ob ich den Text von Schüler N. wirklich besser gefunden hätte als ihren, schließlich hätte er einen Punkt mehr. Ich fühle mich vor den Kopf gestoßen: Ich habe ihre Arbeit gut bewertet und Abzüge genau kommentiert. Weshalb vergleicht sie sich mit N., wo doch die konkrete Note bei dieser Arbeit keinen Einfluss auf ihre Bewertung im Zeugnis hat?
Später merke ich, dass die Punktzahl und der Wettbewerb für sie selbstverständlich eine kommunikative Wirkung haben…“
Und ich frage mich (hypothetisch), was mit der Schülerin los wäre, wenn sie sich nicht mit N verglichen hätte und nicht weiterhin mit allen anderen vergleichen würde. Und ich frage mich genauso wie die Schülerin, warum die konkrete Note dieser Arbeit keinen Einfluss auf ihre Bewertung im Zeugnis haben soll (sic!). Und ich frage mich, warum du erst später merkst, „… dass die Punktzahl und der Wettbewerb für sie [nicht nur für sie!) selbstverständlich (?) eine kommunikative Wirkung haben…“
(Ich habe meinen Kommentar kopiert und davon einen Screenshot gemacht)
Dann kann ich ihn ja nun löschen…
(Bitte genau zitieren: nicht »haben sollt«, sondern »hat«. Ich denke, die hypothetische Frage lässt sich so leicht beantworten.)
Würde sie sich nicht mit N. vergleichen, könnte Sie sich auf Ihre Arbeit und meinen Kommentar konzentrieren.
Klar kannst du.
„haben sollt“ steht nach meiner Meinung nicht als Zitat. Du denkst, die hypothetische Frage liesse sich so leicht beantworten? Du vielleicht schon.
Als gute Schülerin hat sie sich selbstverständlich auf ihre Arbeit und vielleicht auch auf deinen aufwändigen Kommentar konzentriert. Aber – und dieser hat weder mit der guten Schülerin noch ihrer Arbeit noch deinem Kommentar zu tun – sie ist offensichtlich noch ungenügend umerzogen worden von dir, und vergleicht sich immer noch / wieder mit anderen.
(Ich habe auch diesen Kommentar kopiert und ge-screenshot-et)
Ich merke, da habe ich es mit einem ausgefuchsten Medienprofi zu tun.
Ja, die hypothetische Frage lässt sich leicht beantworten. Aber wenn jemand damit Mühe haben sollte: Wenn sich eine Zeugnisnote über den Durchschnitt von Noten errechnet, gibt es Situationen, wo eine Einzelnote keinen Einfluss mehr auf diesen Durchschnitt haben kann. Von so einer Situation ist hier die Rede.
So zu tun, als wäre es selbstverständlich oder richtig, sich mit anderen zu vergleichen, hilft an dieser Stelle nicht weiter. Das machen wir schon recht lange und es funktioniert nicht besonders gut. Deshalb überlege ich mir, wie man daran etwas ändern will. Wenn du das nicht willst, gehörst zu zu einer Mehrheit, denke ich.