Das Portrait dieser jungen Frau hat sie selbst aufgenommen »Love my hair today. Hate why I’m dressed up #funeral« ist ihr Kommentar dazu – also: Sie möge ihre Frisur, aber sei unglücklich darüber, weshalb sie sich aufgebrezelt habe: Für eine Bestattung nämlich.
Die Reaktion Erwachsener auf die Praxis Jugendlicher, sich auf Trauerfeier selbst zu inszenieren, scheint absehbar: Das Verhalten wird als zutiefst narzisstisch und pietätlos eingeschätzt. Doch stimmt das?
Zunächst könnte man einfach festhalten, dass wir alle einen individuellen Zugang zum Trauern haben. Es gibt zwar gesellschaftliche Normen, und doch wissen wir, dass wir in Trauerphasen uns selten an Normen orientieren. Und wenn, dann sind diese Normen ebenso fragwürdig wie das digitale Selbstportrait: Warum ziehen wir uns schön an, wenn es doch um die Toten gehen soll? Warum schlagen wir uns den Bauch voll und trinken mittags Alkohol, wenn es doch darum geht, von jemandem in Würde Abschied zu nehmen? Man könnte gut einen Tumblr mit »drunk adults at funerals« oder »people eating sandwiches at funerals« füllen.
Selfies sind, so kann man annehmen, knappe Tagebucheinträge, die sich an ein limitiertes Publikum richten. Die junge Frau könnte uns sagen: Schaut mal her, mir ist was Trauriges passiert, ich muss zu einer Trauerfeier. So sehe ich aus. Damit dokumentiert sie ihren Tag, sie kann später darauf zurückgreifen, sieht sich selbst ins Gesicht und kann Erinnerungen abrufen. Wir würden niemandem einen Vorwurf machen, der oder die einen Tagebucheintrag über ein Begräbnis schreibt. Und wir würden ihn auch nicht lesen, wenn wäre er nicht an uns gerichtet. Und nicht auf Blogs – wie diesem – ausstellen…
So sieht man, dass die Jugendlichen mit ihren Aufgaben, eine eigene Identität zu finden und ein Beziehungsnetz zu knüpfen, oft alleine gelassen werden. Wird zu sichtbar, welcher Methoden sie sich bedienen, müssen sie mit Spott und Ablehnung von Erwachsenen rechnen, die oft nicht einmal zu verstehen versuchen, was hier abläuft.
Social Media ist im Moment ein Sammelsurium von medialen Handlungen, für die es kaum einen Kodex oder eine klare Norm gibt. So entwickeln sich Verhaltensweisen, die auf den ersten Blick sonderbar erscheinen, letztlich aber eine bestimmte Funktion haben. Diese Funktion zu erkennen, scheint mir wichtiger als »selfies at funerals« abzulehnen.
Awesome list Lis. I can add a couple- sweat is thieeprutac- no one else cares if you skip a couple but you will beat yourself up for it, so just do it- you are not dying when you try to run its just your head getting in the way- there are all sorts of shapes and you can’t know someone’s story by looking at them
Solche Darstellungen gehören heute ganz einfach zum Alltag der Jugend und sollten weder belächelt noch überbewertet werden.
Sehr gute Beschreibung einer schwierigen Thematik. Habe hier noch einen Blogeintrag der in die selbe richtung geht.
http://what-if.xkcd.com/69/