Bemerkungen zur Sexting-Kampagne von Pro Juventute

Gestern hat Thinh-Lay Bosshart die Ergebnisse eines Selbstversuchs mit dem Chat-Support von Pro Juventute veröffentlicht, der heute auf Facebook zu einigen Diskussionen Anlass gegeben hat (FB-Link, Gruppe »Medienpädagogik«). Als Reaktion darauf möchte ich einige Bemerkungen zur Kampagne von Pro Juventute anfügen, die meinen Kommentar zur Sexting-Kampagne ergänzen.

  1. Die Aufklärungsarbeit von Pro Juventute ist wichtig und richtig. In Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten wird die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit mit der kostspieligen Kampagne auf ein medienpädagogisches Thema gelegt, das tatsächlich Aufmerksamkeit verdient.
  2. Die fachlichen Informationen, die Pro Juventute z.B. in den Merkblättern zur Verfügung stellt, sind hochwertig und empfehlenswert. Sie sind kompakt, praxisnah und korrekt.
  3. Sexting ist – wie auch Cybermobbing – keines der großen Themen von Pro Juventute. Sexting betrifft eines von 450 Gesprächen, die Pro Juventute mit Jugendlichen täglich führt.
  4. Der Vorwurf, die Kampagne würde dafür benutzt, Spendengelder einzutreiben, der beispielsweise bei der Cybermobbing-Kampagne in der NZZ erhoben wurde, mag einen wahren Kern haben, verkennt aber, wie sich Organisationen wie Pro Juventute finanzieren müssen. Marketing ist wichtig und es ist keineswegs verwerflich, das Marketing mit einer Aufklärungskampagne zu verbinden.
  5. Dennoch bleibt ein schaler Nachgeschmack, dass ein Bild der Jugend gezeichnet wird, das der Realität nicht ganz gerecht wird. Jugendliche betreiben Sexting, aber die Praxis ist nicht Alltag und betrifft nicht alle Jugendlichen. Ein Schulleiter einer Zürcher Oberstufe hat kürzlich von drei Fällen im letzten halben Jahr gesprochen, mit denen er sich beschäftigen musste. Sicher kein vernachlässigbares Problem, aber beispielsweise nicht auf eine Stufe mit familiären Problemen zu stellen.
  6. Die Präsenz in den sozialen Netzwerken könnte professioneller ausfallen. Die Beratung im Chat sollte zumindest an kompetente Fachleute weiterverweisen, wenn sie selbst keine kompetente Auskunft geben kann.
  7. Das betrifft auch den Cyber-Risiko-Check. Er ist auf Facebook beschränkt – eine Plattform, die gefährdete Jugendliche (also die jüngsten) neben WhatsApp und Instagram immer weniger nutzen.
    Dazu kommuniziert er medienpädagogisch paradox: Er verlangt Zugriff zum eigenen Facebook-Profil und möchte sogar im eigenen Namen publizieren können – will aber gleichzeitig vermitteln, dass der Zugriff zum Profil möglichst vorsichtig gehandhabt werden sollte. Die Kriterien, nach denen die Empfehlungen erfolgen, sind zudem wenig transparent und die Tipps an der Oberfläche. Echte Präventionsarbeit muss sich stärker auf Kontexte beziehen und funktioniert auf einer so allgemeinen Ebene nicht.

Fazit: Während die Kampagne sinnvoll ist, dürfte sie in der konkreten Ausgestaltung sorgfältiger sein. Lieber etwas genauere Information, dafür weniger Möglichkeiten, als allgemeine Hinweise, die im konkreten Fall wenig nützen. 

11 Kommentare

  1. Ja, huj jag är likadan. Ena stunden är livet fantastiskt och i nästa helt meningslöst. Jätteglad ena stunden dödstrött den andra. Och jag har inga barn. Jag skulle troligtvis förvandlas till ett totalt monster då. Huh.
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  2. Laurent Sedano sagt:

    Hallo Philippe
    Warum Bloggen Blogger eigentlich immer am Wochenende?? 😉
    Endlich komme ich dazu, hier einen Kommentar zu hinterlassen. Danke für diesen Beitrag. Dass es Leute gibt, die einen Blick übers Ganze werfen, finde ich sehr beruhigend. Da schliesse ich mich dem (leider?) Anonymen Vorschreiber an.
    Wir hätten den Risiko-Check gerne auch für andere Plattformen bereitgestellt. Aber leider fehlen uns die Finanzen dazu. Wir würden uns freuen, wenn andere sich an diese Arbeit machen würden. Uns war, bezüglich der Tipps, vor allem wichtig diese einfach und verständlich zu formulieren. Meiner Erfahrung nach dürfen solche Ratschläge nicht zu lange und kompliziert ausfallen, da sie sonst nicht gelesen werden. Persönlich hätte ich den ganzen Check gerne spielerischer und interaktiver gemacht. Dies war leider aus Kostengründen auch nicht möglich. Aber wer weiss, vielleicht finden wir noch einen Weg dies zu realisieren. Würdest du allenfalls an sowas mitarbeiten wollen?

    @dani fels, dein Angebot zur face-to-face Diskussionen besteht also auch meinerseits.

    Lieber Gruss
    Laurent Sedano

    1. Danke Laurent. Wenn Bloggen Freizeitarbeit ist, dann fällt es halt in Freiräume – obwohl bei mir der Freitagnachmittag noch nicht zum Wochenende gehört 😉
      Ich kann mir gut vorstellen, wie ein spielerischer Risiko-Check aussehen könnte – aber ich bin dafür wohl nur für ein Brain-Storming ein interessanter Partner, danach fehlen mir bei der konkreten Umsetzung oder auch für die Finanzierung schlicht die Kompetenzen und Ressourcen… 

    2. Anonymous sagt:

      @laurent sedano, das freut mich. dann sollten wir schauen, ob es in nächster zeit eine gelegenheit für den austausch gäbe. erreiche ich dich über dein koordinaten auf kopf-stand.org?

      1. hoppla, nun beginne ich auch schon anonym zu posten 😉
        das war natürlich ein versehen, äxgüsi @laurent.

      2. laurent sedano sagt:

        @anonymer raumsinn
        am einfachsten ist wohl wir gleisen das über facebook auf. natürlich kannst du mich auch über die kopf-stand erreichen. allerdings versuche ich meine beiden arbeitsbereiche so gut es gehr zu trennen daher ist es einfacher über pm bei facebook die telnummern zu tauschen……lg laurent

      3. Andrea sagt:

        Io ho fiducia nella misgatratura. Penso che se vi sono state delle complicite0 (non mi risultano avvisi di garanzia) debbano essere punite come e8 giusto che sia.Nella porta accanto alla mia nel condominio dove abito, spacciavano droga. Non me ne sono accorto fino a quando non li hanno arrestati. E con me erano increduli tutti quelli che abitano nel condominio. E ancora, quando ero ragazzino andavo a giocare a casa di un amico tutti i giorni, a pochi passi da casa mia. Era una base delle brigate rosse… Sono forse stato complice? No, anche se ero lec. La responsabilite0, nel caso da lei citato, non e8 di tutti i rom di Milano che abitano in un cosidetto „campo“ ma, se la Magistratura l’accertere0, la responsabilite0 sare0 personale di chi l’ha aiutato sapendo che era ricercato.in ultimo, questo spazio web non ha una linea editoriale perche8 non e8 un prodotto editoriale. postiamo il 99% di quanto ci inviano le persone che ci leggono.

  3. Anonymous sagt:

    Solider, konstruktiv-kritischer Beitrag. Ganz im Gegensatz zu den dauernden shitstorm-Einträgen von raumsinn auf twitter.Narzistisch-arrogant-destruktiv-besserwisserisch-inkompetent? Wahrscheinlich ein Post-Markenverkaufs-Trauma, das ihn seit langem quält. Ich lese und folge lieber Wampfler.

    1. selber das zu praktizieren, was man dem andern vorwirft, fällt aus der anonymität natürlich besonders leicht.
      für argumente und eine diskussion bin ich offen (auch face-to-face), aber nur, wenn sich mein gegenüber zu erkennen gibt.

      ps 1: mit briefmarken hat meine pj-kritik rein gar nichts zu tun. es geht mir allein um fachliche einwände.

      ps 2: danke für deinen beitrag philippe, der ist eine gute diskussionsgrundlage.

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