Social Media im Unterricht – ohne Computer

Wenn man Social Media hört, denkt man sofort an Facebook, Smartphones, an Menschen vor dem Computer. Die Idee von Social Media ist aber eine andere – die mit gutem Unterricht sehr viel zu tun hat.

Ich versuche das kurz zu skizzieren. Eigentlich geht es um vier Aspekte:

  1. Alle an der Kommunikation Beteiligten können wahlweise aktiv und passiv daran teilnehmen, also Inhalte erstellen und Inhalte konsumieren.
  2. Dadurch verändert sich die Rolle der Lehrperson, die Prozesse begleiten kann, aber nicht exklusiv für Inhalte zuständig ist. Ihre Hauptaufgabe ist nicht mehr das Bereitstellen von Inhalten, sondern die Begleitung im Umgang mit diesen Inhalten, das Coaching.
  3. Zudem verläuft die Kommunikation zwischen allen Teilnehmenden – Schülerinnen und Schüler kommunizieren direkt miteinander und nicht via die Lehrperson.
  4. Dieses Lernen ist dann nicht mehr ortsgebunden und findet nicht mehr nur im schulischen Kontext statt, sondern verbindet private Lernphasen mit schulischen.
John Trevor Custis, Francis M. Drexel School in Philadelphia. 1898. Wikimedia Commons.
Dazu lässt sich immer schön Brechts Ideal in seiner Radiotheorie von 1930 zitieren:
Der Rundfunk ist aus einem Distributionsapparat in einen Kommunikationsapparat zu verwandeln. Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsystem, das heißt, er wäre es, wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn in Beziehung zu setzen. Der Rundfunk müßte demnach aus dem Lieferantentum herausgehen und den Hörer als Lieferanten organisieren.

Die Schülerinnen und Schüler sollen »in Beziehung gesetzt« werden. Das ist Social Media.

Ein aktuelles Beispiel dazu findet sich in einem Artikel zum »Virtual Linguistics Campus« an der Universität Marburg. Der zitierte Professor, Jürgen Handke, kommentiert das Konzept des »inverted classrooms« wie folgt:

Dennoch kann auf das persönliche Erscheinen im Vorlesungssaal oder Seminarraum auch hier nicht ganz verzichtet werden: Denn das gemeinsame Üben sei immens wichtig, betont Anglistik-Professor Handke. Die Inhalte, die sich die Studenten im Netz aneignen, werden deshalb in einer Präsenzveranstaltung an der Uni vertieft. Das ist Phase zwei des „umgekehrten Klassenzimmers“.

Ganz ohne direkten Kontakt zum Professor geht es also nicht. „Der hat allerdings eine völlig neue Funktion“, sagt Handke und ist ganz offensichtlich begeistert: „Er ist der Begleiter, denn er begleitet die Studierenden beim Üben und Diskutieren. Und die Diskussionen – die sind viel lebhafter als sonst!“

Letztlich hieße Social Media in der Schule, dass Schule ohne Gadgets und Computer stattfindet – dass aber zuhause am und mit dem Computer gelernt wird.

3 Kommentare

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..