Digitalität statt Digitalisierung – weshalb ich davon ausgehe, die digitale Transformation sei abgeschlossen

Aktuell arbeite ich mit anderen Fachpersonen an einem größeren Konzept. Bei der Arbeit habe ich es als sehr fruchtbar erlebt, dass wir uns früh entschieden haben, eine postdigitale Perspektive einzunehmen. Sprachlich und inhaltlich bedeutet das, nicht auf die Vorstellung von Digitalisierung oder digitaler Transformation als Veränderungsprozess zurückzugreifen. Stattdessen verwenden wir Digitalität, um eine Realität, einen Zustand, eine faktische Gegebenheit zu bezeichnen.

Ist die digitale Transformation wirklich abgeschlossen, wird sie es jemals sein? Beat Döbeli Honegger hat in seinem Blogpost zu seiner Grafik (unten) umfassend dargestellt, welche Erwägungen nötig sind, um diese weitreichenden Fragen zu beantworten. Meine Position in Bezug auf konkrete Arbeit, Beratungen und Konzepte im Bildungskontext: Wir müssen die Fragen gar nicht zwingend diskutieren, sollten aber davon ausgehen, wir befänden uns im Feld ganz rechts.

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Darstellung von Beat Döbeli Honegger,

Warum treffe ich diese Annahme?

  1. Veränderungen sind abstrakt. Menschen tendieren dazu, sie als etwas durchaus Spannendes zu betrachten, was sie aber im Moment noch gar nicht betrifft. Das sieht man beim Klimawandel ganz gut: Solange er als Prozess beschreiben wird, dessen Effekte primär andere in der Zukunft schaden, verhalten sich Menschen kaum dazu; sie sind nicht bereit, etwas zu unternehmen.
  2. Der Leitmedienwechsel und die Digitalisierung sind in Bezug auf die Aspekte, die für Bildung wichtig sind, bereits erfolgt. Informationen stehen immer zuerst im Netz und werden dann auch noch in andere Medienformen übertragen. Daten werden digital erfasst. Ihre Verarbeitung erfolgt weitgehend automatisiert. Die Zukunft sei hier, aber sie sei nicht gleichmäßig verteilt, lautet ein bekanntes Zitat von William Gibson (hier eine lesenswerte Kritik dazu). Das gilt auch hier: An Grundschulen fühlt sich vieles so an, als habe sich bislang wenig verändert – aber halt nur, wenn man ausblendet, wie Kinder tatsächlich lesen, schreiben und rechnen lernen (nämlich in einer Kultur der Digitalität).
  3. Digitalisierung und digitale Transformation sind sehr breite und unscharfe Begriffe. Digitale Transformation – das zeigt die Grafik im linken Bereich auch – impliziert, dass Technik und Gesellschaft sich aufeinander bezogen verändern. Das ist ein wichtiger Aspekt, der aber viele Diskussionen so breit werden lässt, dass konkrete Handlungsmöglichkeiten zerredet werden. Die Digitalität gibt es. Sie ist hier. Wir können uns damit auseinandersetzen. Das spricht dafür, vom Zustand auszugehen.

Beat Döbeli schreibt:

»Für bestimmte Diskurse ist es wichtig, dass wir betonen, dass das Digitale (bereits seit längerem) da ist und nicht etwa in ferner Zukunft kommen wird (z.B. die Frage, wie lange neue Medien noch neu sind). In anderen Diskursen ist aber ebenso wichtig aufzuzeigen, dass die Entwicklung noch lange nicht vorbei ist, sondern wir erst am Anfang stehen.«

Ich sehe das etwas anders: Die Auswirkungen der Entwicklung sind noch nicht absehbar. Aber die eigentliche Entwicklung ist abgeschlossen. Medienformen und gesellschaftliche Zustände überlagern sich. Noch gibt es eine Post, die Briefe entgegennimmt und zustellt, obwohl eigentlich niemand mehr Briefe braucht. Das Medium Brief und das Medium digitale Nachricht existieren gleichzeitig. Das wird sich auch nicht ändern – Menschen werden nicht vergessen, dass man Briefe schreiben kann, sie werden es einfach weniger häufig tun, weil sie kaum noch das Bedürfnis dazu verspüren. Die Möglichkeiten, Botschaften im Netz verschicken zu können, wird dazu führen, dass Briefe und ihre Zustellung nicht mehr die Kernaufgabe der Post sein können, sondern von Zustelldiensten nebenher und möglicherweise als Luxusdienstleistung überbracht werden. Das ist eine Auswirkung einer Entwicklung. Eine weitere Auswirkung wird auch darin bestehen, amtlich verlässliche Formen des digitalen Schriftverkehrs zu etablieren. Dabei wird aber nicht eine neue mediale Ebene erschlossen oder eine echte Innovation benötigt: Alle Bausteine sind schon da, sie müssen nur noch eingesetzt und politisch durchgesetzt werden.

So ist es auch in der Schule: Was adaptive Lernsysteme oder kollaborative Arbeitsformen für die Bildung bedeuten, wird sich zeigen. Aber die technischen Möglichkeiten sind längst da. Es hilft niemandem, so darüber zu reden, als ob wir erst noch schauen müssten, was genau passiert. Wir wissen, was möglich ist – und können und müssen uns einbringen, wenn verhandelt wird, wie die Auswirkungen der Digitalität gestaltet werden.

4 Kommentare

  1. Schöner Beitrag, vor allem die Einbindung der „postdigitalen“ Perspektive finde ich sehr spannend, und natürlich die Abgrenzung von Digitalität zu Digitalisierung. An anderen Stellen wird viel zu oft Digitalität und Digitalisierung in einen Topf geworfen.
    In welchem größeren Projekt/Konzept arbeitest du gerade?

  2. Christy Walton sagt:

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