Die Idee von Credit Scoring ist in den USA und auch in einigen Ländern in Europa allgemein verständlich. Die Schufa bewertet damit etwa für Firmen, wie wahrscheinlich es ist, dass potentielle Kunden ihre Rechnungen zahlen oder Kredite bedienen:
Die Schufa bietet ihren Vertragspartnern auch einen Score-Wert an. Das ist ein Wert von 1 bis 100, der dem jeweiligen Verbraucher zugeordnet wird und einen Schätzwert für die Wahrscheinlichkeit angibt, dass ein Kredit bedient wird. Je niedriger der Wert, desto größer schätzt die Schufa die Ausfallwahrscheinlichkeit ein. Laut Angaben der Schufa sei der Score-Wert abhängig vom Zweck, für den er angefragt wird – so erhalten beispielsweise Versicherungen andere Scorewerte als Mobilfunkanbieter. In die Score-Werte gehen unter anderem die Anzahl der Wohnungswechsel und die Anzahl der Bankkonten ein. Das genaue Scoring-Verfahren ist unter Verschluss.
Jeder erwachsenen Person wird also mit einer geheimen Formel ein Wert zugeordnet, der eine hypothetische Wahrscheinlichkeit angibt. Die Schufa bündelt Informationen aus verschiedenen Quellen in einer Zahl.
Das Verfahren ist mit einer Reihe von Problemen verbunden: rechnerischen und sozialen. Nur wer sich normenkonform verhält, kann wichtige Angebote in Anspruch nehmen. Kreditkarten, Mobilfunkverträge, Mietverträge, Versicherungen – nur Menschen mit den richtigen Credit Scores haben Zugang dazu.
Social Scoring weitet diese Idee aus: Weil sich viele menschliche Aktivitäten dank ihrer digitaler Erfassung statistisch auswerten lassen, können auch diese Informationen in einem Score System gebündelt werden. Das StartUp »ScoreAssured« bietet Vermietern sowie Arbeitgebern die Möglichkeit, bei Vergabeverfahren Bewerberinnen und Bewerber aufzufordern, einem Algorithmus Zugang zu allen Social-Media-Accounts zu gewähren (damit kein Missverständnis aufkommt: Damit können nicht nur öffentliche, sondern auch private Informationen abgefragt werden, z.B. alle persönlichen Nachrichten, alle Aktivitäten in geschützten Gruppen etc.).

Daraus erstellt das Unternehmen einen Report und einen Score.
Die scheinbare Freiwilligkeit kann bei entsprechender Gesetzgebung sofort zum Zwang werden: Wer dazu nicht bereit ist oder keine Social-Media-Accounts nutzt, wird aussortiert und keine Chance, den Job oder die Wohnung zu erhalten. So können alle Beteiligten ihre Hände in Unschuld waschen. ScoreAssured wertet auch die Persönlichkeit von Personen aus, indem sie dafür den Zugang zu den persönlichen Social-Media-Accounts verwendet (nach dem BigFive-Modell).
So perfid diese Methode ist – die Vorstellung, dass Staaten diese Verfahren einführen könnten, ist noch beängstigender. China scheint offenbar daran zu sein, ein CitizenScoring einzuführen. Damit ist eine totale Überwachung verbunden – in die dann auch Bewertungen von Interaktionen mit diesen Personen einfließen, ähnlich wie bei Uber, wo Angestellt und ihre Kundschaft sich gegenseitig bewerten. Die Konsequenz daraus sind staatliche Repression und Entzug von Rechten für nicht-konforme Bürgerinnen und Bürger.
Wer mit Pseudonymen oder Verweigerung bisher sozialen Netzwerken ausgewichen ist, würde von SocialScoring genau so wenig belohnt wie Menschen, die keine Kreditkarte verwenden beim CreditScore: Vielmehr werden fehlende Daten von diesen Systemen mit Abzügen bestraft. Helfen kann aus meiner Sicht nur ein Verständnis für Demokratie und ein politisches Eintreten gegen die Versuchungen der Überwachung.
Seriöse Arbeitgeber werden sicherlich auch zukünftig nicht darauf drängen, dass potentielle Bewerber UNBEDINGT einen Facebook-Account o.ä. haben müssen. Sonst wäre das für mich ein Ausschlusskriterium bei der Wahl des Arbeitgebers 😉
dieser kommentar fliesst in Deine/Ihre analyse und scoring mit ein, sentiment: potential zum revolutionaer (da fuer heutigen mainstream zu kritisch und sich sogar dazu oeffentlich aeussernd) …