In einem Auszug aus seinem neuen Buch hält Evgeny Morozov fest, wie Algorithmen, Daten und Social Media dazu führen könnten, dass Verbrechen verhindert werden können, bevor sie begangen werden – und kritisiert diesen Zugang zugleich.
»Predictive Policing« wertet statistisches Wissen über Kriminalität systematisch aus. So können beispielsweisen die Ressourcen der Polizei gezielt dort eingesetzt werden, wo die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass es zu gewaltsamen Übergriffen kommt. Einbezogen werden aber auch real-time Daten: In den USA gibt es in den Städten ein Netzwerk von Mikrofonen und Kameras, die z.B. Schüsse sofort melden, Autokennzeichnen überprüfen und mit großen Rechnern diese Daten in Verbindung bringen.

Das Problem sind dabei, so Morozov, die Algorithmen: Auch wenn sie als objektiv wahrgenommen werden, sind sie es wahrscheinlich nicht. Die fehlende Transparenz, die nötig ist, um den Vorteil der maschinellen Verfahren zu sichern (wenn Verbrecher die Algorithmen einsetzen könnten, dann wären sie teilweise nutzlos), führt dazu, dass eingebaute Vorurteile (z.B. über Rassen, soziale Schichten etc.) nicht erkannt werden können und versteckt eine immense Wirkung entfalten. Ein weiteres Problem sind die Dunkelziffern: Die Statistiken, auf denen die Algorithmen beruhen, erheben nur die erfassten Verbrechen, nicht aber die der Polizei nicht bekannten. Dieser Effekt verstärkt sich durch die maschinelle Verarbeitung.
Soziale Netzwerke setzen ebenfalls auf »Predictive Policing«: Um dem Vorwurf zu entgehen, Verbrechern zu erleichtern, durchsuchen Facebook und ähnliche Anbieter die Daten ihrer Nutzer systematisch nach Auffälligkeiten (z.B. alle Kontakte sind minderjährig, spezielle Keywords für Drogenhandel, Vergewaltigung etc.)
Daraus konstruiert Morozov seine Kritik:
- Private Internetfirmen müssen sich nicht an die Verfahrensregeln halten, die Menschen in Staaten vor der Staatsgewalt schützen – sie können sie also systematisch überwachen.
- Während heute vor allem problematische Äußerungen die Grundlage für einen Verdacht darstellen, können mit der Verarbeitung großer Datenmengen auch unproblematische Äußerungen die Basis für einen Verdacht darstellen:
Thus, even tweeting that you don’t like your yoghurt might bring police to your door, especially if someone who tweeted the same thing three years before ended up shooting someone in the face later in the day.
Das Fazit: Der Nutzen von »Predictive Policing« ist überzeugend. Es muss aber verhindert werden, dass diffuse und unfaire Methoden im großen Stil eingesetzt werden und so unschuldige Menschen gefährden. Das kann nur geschehen, wenn die Verfahren der Polizei überprüft werden können und transparent sind.
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