#filtertipps 1: Zeit als Filter

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Orientierung und Konzentration erfordern bei digitalen Informationen eine Reihe von Kompetenzen, die man englisch »digital literacy« nennt. Filterkompetenz ist ein wichtiger Bestandteil: Die Fähigkeit, nicht relevante Informationen und Inhalte mit Filtern unsichtbar zu machen. Die analoge Welt nutzt viele Filter: Inhaltsverzeichnisse bei Büchern, Kataloge in Bibliotheken, Register, Redaktionen von Zeitungen etc. haben neben vielen anderen Funktionen auch die Aufgabe zu filtern. 

In einer losen Serie möchte ich hier Techniken und Werkzeuge vorstellen, mit denen digitale Informationen gefiltert werden können. Das ist der erste Teil. 

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Als wir das erste Jahr Handys benutzten um SMS zu verschicken, konzipierte ein Freund von mir den »Loop«: Unter Alkoholeinfluss, im Streit oder bei sonstigen Formen von eingeschränkter Zurechnungsfähigkeit könne man SMS zwar entwerfen, solle sie aber erst am nächsten Tag abschicken. Dieser Loop stelle sicher, dass die Nachricht wirklich den eigenen Absichten erfolge.

Er hat damit die Zeit als Filter eingesetzt. Lässt man Zeit verstreichen, so kann sich die Bedeutung von Informationen ändern.

Eine effiziente Strategie im Umgang mit Emails nutzt diese Einsicht ebenfalls. Sie nennt sich Yestermail oder Yesterbox und besteht darin, grundsätzlich immer nur die Email vom vergangenen Tag zu lesen. Viele dringende Anfragen werden bedeutungslos, wenn man 24 Stunden wartet. Mehr noch: Wissen Menschen, dass man diese Filtermethode anwendet, so verzichten sie darauf, Mail zu verschicken, die darauf angelegt sind, einen im konkreten Arbeitsablauf zu unterbrechen.

Dieselbe Technik wenden Menschen schon länger bei der Zeitungslektüre an: Sie lesen lieber den Economist oder die Wochenendausgabe der NZZ auch unter der Woche, statt sich vom täglichen Aufmerksamkeitszirkus des Newsjournalismus vereinnahmen zu lassen. Mit dem zeitlichen Abstand steigt die Klarheit und Informationen werden relevant, weil sie sich in den Köpfen gesetzt haben.

Zeit ist aber auch in einem anderen Kontext ein wichtiger Filterfaktor: Bei Suchresultaten. Google erlaubt uns, einen Zeitraum für Suchresultate festzulegen. Oft interessieren mich nur aktuelle Einträge – dann nutze ich die Möglichkeit, den Zeitraum auf die letzte Woche zu beschränken. Funktioniert aber auch umgekehrt: Wer wissen will, was Newsportale zu einem bestimmten Thema während eines Ereignisses geschrieben haben, kann die Suche so präzise halten und Unwichtiges wegfiltern.

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Dasselbe gilt für die Suche nach wissenschaftlichen Papers bei Google Scholar, nach Büchern bei Google Books und auf der eigenen Festplatte sowie an vielen weiteren Orten: Eine zeitliche Einschränkung verbessert die Suche massiv.

Viele mobile Geräte und Plattformen sind auf Instant-Kommunikation angelegt. Sie unterbrechen unsere Arbeit und Denken mit Push-Nachrichten, weil sie unsere Aufmerksamkeit wollen. Dabei helfen sie uns mehr, wenn wir ihnen Rhythmen und Zeiten vorgeben. Wenn wir also Filter nutzen.

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