»All Eyes on the S4« – die Swisscom-Kampagne interpretiert

Bildschirmfoto 2013-05-29 um 08.58.18Dieser junge Mann hat es geschafft: Er hat 60 Minuten lang ein Telefon angestarrt. Zurück geblickt hat das Telefon nicht: Auf der anderen Seite sind nämlich wir, die Zuschauer, die bisher 1.5 Millionen mal auf das Video geklickt haben.

Das Video sagt uns einiges darüber, wie wir mit Technologie umgehen und wie Samsung und die Swisscom wollen, dass wir mit Technologie umgehen. Zuerst die Geschlechterrollen: Ein attraktiver, modisch gekleideter Mann wird von einer Gruppe junger, attraktiver Frauen dabei beobachtet, wie er mit einem Handy spielt. Er erreicht sein Ziel (60 Minuten seines Lebens damit zu verbringen, regungslos einen Bildschirm anzuschauen) und großer Jubel bricht aus, Ballone steigen auf. Darauf soll sich unser Begehren richten: Durch Technik wehrlos werden, alles über uns ergehen zu lassen, und zu hoffen, dass wir dafür entschädigt werden. Nur: Entschädigt wird nur der – eigens dafür ausgewählte? – junge Mann im Video. Wir nicht.

Wir richten unsere Konzentration und unsere Augen, die uns zu Menschen machen, auf ein Gerät, und versuchen zu einem Gerät zu werden. Doch das Gerät ist uns voraus: Wir verstehen nicht mehr, wie es funktioniert, sondern das Samsung S4 versteht, wie wir funktionieren, weil es unsere Augenbewegungen verfolgt und so Daten darüber sammelt, was wir lesen und womit wir beschäftigt sind.

Eine schöne Kampagne. Virales Marketing, klare Ausrichtung auf Zielgruppe, Inszenierung nicht nur im Internet, sondern auch an Bahnhöfen, gute Laune, viel Spass. Aber auch ein gutes Beispiel für die Wahrheit des bekannten Diktums von Andrew Lewis:

Wenn Sie für einen Dienst nichts bezahlen, sind Sie offenbar nicht Kundin oder Kunde, sondern die Ware, die verkauft wird.

Der junge Mann sollte sich längst umdrehen und seine Mitmenschen ansehen. Aber er kann nicht. Und er will nicht.