You didn’t have to ask for people’s numbers anymore because of social media.
–– Miranda July, All Fours
Soziale und digitale Phänomene verstehe ich dann besonders gut, wenn ich sie in eine Entwicklung einordnen kann. (Ich habe das auf diesem Blog schon mehrmals gemacht: Zum Beispiel mit digitalen Chats, der Bedeutung von Rechtschreibung und sprachlichen Normen sowie mit einer digitalen Vorstellungsrunde.)
In den Ferien ist mir bewusst geworden, wie sich die Bedeutung der Telefonnummer gewandelt hat. Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit war die Frage, ob Lehrpersonen ihre Handynummer Eltern und Schüler:innen mitteilen, ein konstanter Diskussionspunkt. Ich sag das immer entspannt, weil ich mein Handy ausschalten oder weglegen konnte, das Festnetztelefon, das damals noch intensiv genutzt wurde, jedoch nicht. Da eine Kontaktmöglichkeit bestehen musste, war die Handy-Nummer die einfachste.
Die Möglichkeit, Beziehungen über digitale Kommunikation zu begleiten, wurde besonders in einem Dating-Kontext verhandelt. Seit jeher ist das Mitteilen der Telefonnummer ein entscheidender Schritt im Annäherungsprozess: Wer das tut, signalisiert Interesse an einem engeren Kontakt, lädt zu einer persönlichen Kommunikation ein. Rund um die Telefonnummer kann sich eine spielerische Herausforderung ergeben, oft darf es in Hollywood-heteronormativen Beziehungen für den Mann nicht zu leicht sein, die Telefonnummer der Frau zu bekommen, während er seine freizügig austeilt (die Parallele zu sexuellen Normen ist naheliegend).
Als ich zum ersten Mal gedatet habe, war es gerade eine neue Möglichkeit, Textnachrichten zu verschicken (SMS oder über Pager). Nicht alle konnten darauf zugreifen, wenn das aber möglich war, stellte sich immer die Frage, wer wem wann schreibt. Dafür wurden komplexe Regeln entworfen, die alle von der Möglichkeit abhingen, die Handynummer der anderen Person zu kennen.
Auf bei Dating-Plattformen wie Tinder oder Bumble ist es ein wichtiges Zeichen, die Plattform zu verlassen. Dabei ist oft nicht ein Treffen der erste Schritt, sondern eine weitere Annäherung per WhatsApp oder in einem anderen Messenger. Gerade weil eine Telefonnummer viel (teilweise auch ungewollte Nähe) zulässt, gibt es Menschen, die dafür Messenger ohne Nummeranbindung nutzen (also Signal oder Telegram).
Die Frage, ob man die Nummer einer Freundin oder eines Freundes an Interessierte weitergeben darf, hängt stark damit zusammen. Sie ist mit einer Reihe von Entscheidungen und Einschätzungen verbunden, welche zeigen, wie stark die Kontaktaufnahme und die persönliche Identität mit einer Telefonnummer zusammenhängen.

Das einleitende Zitat aus dem aktuellen Roman von Miranda July zeigt, dass die Telefonnummer diese Bedeutung verloren hat. July verweist auf Instagram, wo Menschen auffindbar sein wollen oder es häufig auch über soziale Beziehungen sind. Selbstverständlich kann man mit entsprechenden Einstellungen verhindern, dass Fremde einem schreiben können, aber gleichzeitig besteht auch ein grosser Reiz darin, solche Nachrichten zu bekommen. Daneben sind Menschen am Arbeitsplatz grundsätzlich erreichbar: Das beginnt schon in der Schule, wo viele Schüler:innen über Lernplattformen Kontakt zu anderen Schüler:innen herstellen können. Outlook oder Teams erlaubt es in vielen Unternehmen, alle Mitarbeitenden zu kontaktieren.
Die Schwelle, eine Handynummer von jemandem kennen zu müssen, entfällt zunehmend. Gleichzeitig wird zumindest in der Schweiz die Handynummer auch für Geldtransaktionen benutzt, mit Twint können Schweizer:innen einander Geld schicken, wenn sie diese Nummer kennen. Das bedeutet, dass ich meine Nummer oft auch Menschen mitteilen muss, mit denen ich keine persönliche Beziehung habe. Viele Eltern meiner Schüler:innen schicken mir Geld über Twint – sie brauchen meine Nummer, ich sehe ihre. (Selbstverständlich gibt es (oft übergriffige) Versuche, Menschen über Twint anzusprechen und in ein Gespräch zu verwickeln.)
Was bedeutet dieser Wandel nun – also weg von einer medialen Situation, in der persönliche intime Kommunikation primär an eine Handynummer geknüpft war und hin zu einer, in der Menschen grundsätzlich digital erreichbar sind?
Ich würde folgende Aspekte herausarbeiten:
- Filtern (also Privat-Stellen und blockieren) gewinnt an Bedeutung, auch algorithmisch. Instagram trennt Nachrichten von User:innen, mit denen ich nicht verbunden bin, und bezeichnet sie als Anfragen, die ich auch ignorieren kann, wenn ich sie nicht bewusst anschauen will.
- Digitales Schreiben hängt weniger von der grundsätzlichen Möglichkeit ab, sondern von der Qualität: Wie schnell reagiert jemand, wie aktiv hört jemand zu, gibt es Ghosting-Phasen etc.
- Private und berufliche oder professionelle Kommunikation vermischen sich stark – sie finden auf demselben Gerät statt. In beruflichen Chats werden auch Freundschaften und andere Beziehungen gepflegt, auf privaten Plattformen finden berufliche Aushandlungsprozesse statt. Das ist von Unternehmen durchaus gewollt, für einzelne Personen aber kaum steuerbar.
- Übergriffe, Stalking etc. sind und bleiben auch in diesem medialen Umfeld ein Problem, besonders betroffene Menschen und Gruppen entwickeln Strategien, wie sie sich schützen können (z.B. Fake-Instagram-Konten, automatische Filter, Blocklisten etc.).
Telefonnummern haben auch den Nachteil, dass sie im Gegensatz zu E-Mail-Adressen viel bürokratischer zu ändern sind. Ich hatte mal über das Tox-Protokoll nachgedacht, aber da ist die Lage mit den Clients für IT-Laien wie mich so schwer zu durchschauen.
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