Was kommt nach Twitter?

Ich nutze Twitter länger als 13 Jahre. Seit rund 10 Jahren ist es für mich die zentrale Schnittstelle im Netz. Nach der Übernahme durch Elon Musk fühlt es sich so an, als könnte Twitter entweder insgesamt verschwinden oder sich in seiner Funktionalität so verwandeln, dass es sich nicht mehr so nutzen lässt, wie mir das wichtig wäre.

Wofür nutze ich Twitter?

  1. Information und News
    Twitter hat für mich das Lesen von Zeitungen ersetzt, weil ich direkt über mein Netzwerk Zugang zu Nachrichten und wichtigen Informationen erhalten habe.
  2. Austausch
    Öffentlich und in Chats (Direct Messages) diskutiere ich mit Fachpersonen, Freunden und anderen Interessierten über Themen, die mich beruflich und privat beschäftigen.
  3. Netzwerk
    Ich lerne Menschen kennen, die sich durch die Auseinandersetzung mit bestimmten Themen auszeichnen, folge ihnen und knüpfe durch den Austausch (2.) Beziehungen. Auf Twitter sind praktisch in jedem Fachgebiet die kompetentesten Personen direkt vertreten.
  4. Bühne
    Meine Blogposts, Videos, Materialien etc. kann ich auf Twitter verbreiten.
  5. Küchentisch der WG für Zigarettenpausen
    Viele meiner Tweets sind momentane Gedanken, flüchtige Notizen, die manchmal im Meer der Kurznachrichten untergehen, manchmal Auftrieb erhalten und selten wie eine vergessene Flaschenpost an eine Küste getrieben werden. Oft entstehen kurze Gespräche, die für mich eine Art Entspannung sind – weil sie mich aus dem Alltag mit Menschen verbinden, die auch gerade auf Twitter plaudern.
  6. (Doom)Scrolling
    Twitter ist auch einfach Konsum, Unterhaltung. Man erhält Einblick in private Gedanken, sieht tolle Fotos und Videos und kann Menschen dabei zuschauen, wie sie streiten, wie sie sich freuen, wie sie leben.

Der Ersatz für Twitter funktioniert aus zwei Gründen nun nicht so leicht, wie man sich das vorstellen könnte: Erstens muss ich jede dieser Funktionen ersetzen können und zweitens das Netzwerk mit diesen Funktionen verbinden können. Twitter funktioniert so gut, weil ich den richtigen Konten folge (die jahrelang ausgesucht habe) und weil mir die richtigen Konten folgen (die mich ausgesucht haben). Vergleichbar ist das mit WhatsApp: Seit WhatsApp nicht mehr unhinterfragter Standard ist, muss man dort weiterhin mitlesen, gleichzeitig aber Menschen über SMS, Signal, Threema oder Telegram anschreiben und auf diesen Apps auch checken, ob man Nachrichten erhalten hat.

So ist auch mit Twitter – es bleibt bestehen, wird aber gleichzeitig auch abgelöst:

  • Mastodon wird der Küchentisch der WG sein, wo man versucht, mit anderen Interessierten ins Gespräch zu kommen.
  • Newsletter werden den Informations- und Newsaspekt von Twitter ersetzen (bislang habe ich wenige Newsletter direkt gelesen, weil die auf Twitter ohnehin verlinkt wurden). Meinen Newsletter werde ich weiter bespielen und ihn dazu benutzen, meine Beiträge auszuspielen.
  • Austausch wird sich in die Instagram-DMs und in Chat-Tools verlagern.
  • Das Netzwerk wird sich zersplittern, Teile werden über Twitter, Facebook, Linkedin, Instagram und Mastodon greifbar sein, aber nie mehr so systematisch wie bei Twitter.
  • Mein Scrolling hat sich in letzter Zeit schon stark zu Reddit verlagert, das wird wohl so bleiben; ergänzt durch ein paar News-Plattformen.

Noch eine Bemerkung zu Mastodon: Viele denken heute, die App könnte Twitter direkt ersetzt. Für mich ist das aber nicht denkbar, weil Twitter durch eine Mischung von Zugänglichkeit, Algorithmizität und Breite dazu geführt hat, dass sehr viele Akteure auf Twitter interagieren konnten. Mastodon enthält viel mehr Schwellen, verlangt von Nutzenden mehr.

3 Kommentare

  1. phb sagt:

    Geht mir genau so / Twitter schon 2005 mit 10. Klassen Gym ausgewertet! War gut! Gestern aber beide Acc deleted! #ohnemich

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