Authentische Leistungen und ihre Bewertung

In meinen Arbeiten spreche ich immer wieder davon, dass Lernen sich in »Lernprodukten« manifestieren sollte. Gestern hat Janina Beigel von der Deeper Learning Initiative in ihrer Keynote am Barcamp in Bad Wildbad einen alternativen Begriff vorgestellt, den ich noch nicht kannte: »authentische Leistungen«.

»Produkt« ist als Begriff belastet: Einerseits durch die Vorstellung, Menschen müssten beim Lernen »produktiv« sein, andererseits durch die Fokussierung auf (bestimmte) Ergebnisse statt Aufmerksamkeit für Prozesse. Wer von »Lernprodukten« spricht, meint oft Poster, Erklärvideos, Blogposts, Podcast-Folgen etc. – etwas, was man speichern und vorzeigen kann. Grundsätzlich geht es aber nicht um dieses Vorzeigen, sondern um zwei andere Dinge:

  1. eine intensive, prozessbezogene Anstrengung beim Lernen
  2. Exteriorisierung des Lernens (vgl. den Thread von Lisa Rosa)

Lisa schlägt aufgrund dieser Veräußerlichung vor, von »Lernergebnissen« zu sprechen. Aus meiner Sicht kann aber eine Leistung auch dann erfolgen, wenn sie kein konkretes Ergebnis hat. Welcher Begriff auch gewählt wird, wichtig sind:

  1. eine Distanz zu kapitalistischen Vorstellungen der Produktivität (Lernen ist nicht Produktion)
  2. ein Bezug zu einem Prozess, der nicht auf sein Resultat reduziert werden darf
  3. Veräußerlichung, Sichtbarmachung für andere

Damit können wir zum Attribut »authentisch« kommen, das fast tückischer ist. Im Ansatz der Deeper Learning Initaitive geht es um eine Verschränkung von Lebenswelt, Arbeitswelt und Fachdisziplin. Ein Sportpodcast wäre dann authentisch, wenn er also in einem Bezug zu dem steht, was Lernende als ihre Welt wahrnehmen, so gemacht ist, dass er mit Berufsfeldern verbunden ist, in dem Lernende einst arbeiten könnten – und Qualitätskriterien folgt, welche Fachpersonen einfordern würden. Eine offenere Verwendung des Begriffs würde eine Anschlussfähigkeit in wenigstem einem der Bereiche erfordern: Entsteht die Leistung in der Lebenswelt einer lernenden Person? Ist sie anschlussfähig an die Arbeitswelt? Passt sie zu Prozessen der Fachdisziplin?

Die schwierigste Frage bleibt abschließend, in welchem Kontext authentische Leistungen erbracht werden können. Diese Frage habe ich am Barcamp in Bad Wildbad mit vielen Menschen diskutiert, die Idee der »authentischen Reaktion« stammt von Adriane Langela. Sie teilt sich in zwei Aspekte:

  1. Welchen Aufgabestellungen folgen Lernende, die authentische Leistungen erbringen?
  2. Welche Reaktionen erhalten Lernende auf authentische Leistungen?

Folgt man den oben angestellten Überlegungen, dann müssten Lernende entweder eigenen Impulsen oder solchen aus der Arbeits- oder Fachwelt folgen. Die Schule wäre lediglich eine Umgebung, in denen sie solche Impulse wahrnehmen und bearbeiten könnten. In der schulischen Realität werden solche Impulse aber oft durch schulische ersetzt. Dann dürfte aber nicht mehr die Rede davon sein, eine Leistung sei »authentisch«.

Dasselbe gilt für Rückmeldungen: Wenn diese nicht aus von Lernenden eingeholtem Feedback oder aus Reaktionen von Betroffenen bestehen, ist Feedback nicht authentisch, sondern wird künstlich von der Schule erzeugt. Hier überzeugt mich die Darstellung der Deeper Learning Initiative nicht (Bezug zum »Schulstoff« ist für authentische Leistung kein Erfordernis, sondern ein Hindernis).

Authentische Leistungen bleiben wohl ein Ideal in der Schule. Formen zu finden, in denen mehr authentische Impulse und Reaktionen entstehen könnten, dürfte aber für lernwirksame Prozesse und Formen der Leistungserbringung einen hohen Wert haben.

1 Kommentar

  1. hgamma sagt:

    Dem eigenen Antrieb

    echt Folge zu leisten

    in der Vorstellung vom eigenen

    vom eigenen Körper

    die sich unbewusst

    aus der Vereinigung

    verschiedener

    gegensätzliche Elemente

    des Kinästhetischen

    formalen

    funktionalen

    und geschlechtlichen

    Lebenserfahrungen

    im Lernenden konstituiert

    Zitat:

    Aus diesen entfalten sich die vier Teilkonzepte des Körpers, die als notwendige Ressource ein Leben lang wirksam bleiben. Das Körperkonzept ist die „Matrix eines dynamischen Prozesses von Impuls, Verdrängung und Kompensierung, in dem einzelne Konzepte vorübergehenden oder definitiven Vorrang in der Auffassung vom eigenen Körper einnehmen, während andere der Verfügbarkeit entzogen sind“ (Rick, 1996: 79). Die einzelnen Körperkonzepte manifestieren sich aus einem interaktiven Bestreben, das sich durch eine spezifische Konstellation motorischer Phänomene, das → Bewegungssyndrom, umsetzt. Lischke U (1999) Bewegung und Bedeutung. Gontenschwil, Institut für Bewegungsanalyse Rick C (1996) Bewegungsanalytische Therapie. Gontenschwil, Institut für Bewegungsanalyse

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