Drei Dimensionen digitalen Unterrichts

In einem Referat habe ich kürzlich definiert, was ich unter digitaler Didaktik verstehe:

Eine Umgebung schaffen, in der lernen mit digitalen Medien so möglich ist, dass Kompetenzen für eine Kultur der Digitalität erworben werden.

Das ist eine recht abstrakte Formulierung, die zudem an ein Verständnis vonStalders »Kultur der Digitalität« gebunden ist.

Weil viele Schulen eine Entwicklung vorantreiben, die darin besteht, Schülerinnen und Schüler im Unterricht vermehrt mit digitalen Geräten arbeiten zu lassen, stellt sich auf der Seite der Didaktik die Frage: Was machen denn Lehrpersonen in ihrem Unterricht konkret damit? Was müssen sie lernen, was zuerst umsetzen, wenn sie die digitale Transformation konstruktiv mitgestalten wollen?

(Zwei Randbemerkungen: Erstens glaube ich nicht mehr daran, dass Menschen, die diesen Wandel nicht gestalten wollen, irgendwie überzeugt werden können. Sie sollten in Ruhe gelassen werden, es ist produktiver, wenn sie etwas tun, was sie sinnvoll finden. Zweitens ist »digital« ein Adjektiv, das beliebig kritisiert werden kann. Ich benutze es, weil alle verstehen, was damit gemeint ist. Ich benutze also Alltagssprache, keine Fachsprache.)

Eine Konzeption digitalen Unterrichts ergibt sich aus drei Dimensionen:

  1. Der Unterricht ist räumlich nicht an ein Schulzimmer gebunden, sondern findet auch in digitalen Räumen statt. Lernende können sich so von örtlichen und zeitlichen Einschränkungen lösen und bleiben als Lerngruppe trotzdem verbunden.
    Wichtig ist, Präsenzlernen und individuelles Lernen zu verbinden. Lernen ist ein sozialer Prozess, der in der Begegnung und Auseinandersetzung mit anderen Lernenden vorankommt. Präsenz bleibt gerade heute extrem wichtig. Aber es gibt andere Lernformen, die daneben treten und mit digitalen Werkzeugen leicht ans Präsenzlernen gekoppelt werden können.
    Erste Aufgabe bei der Entwicklung digitalen Unterrichts ist also eine Antwort auf folgende Frage: Wie tauschen sich die Lernenden aus, wenn sie nicht am selben Ort sind?
  2. Fachinhalte oder Lerninhalte werden heute in digitaler Form produziert. Literatur, ein wesentlicher Lerngegenstand des Deutschunterrichts, liegt heute als E-Book, als digitales Hörbuch, als Computerspiel, als Online-Text, als Instagram-Posts und in vielen weiteren digitalen Formen vor. Zum Unterricht gehört, digitale Inhalte zu erschließen, sie aus mehreren Perspektiven zu betrachten und sie so verstehen zu lernen.
    Zweite Aufgabe: Welche digitalen Lerninhalte sind für diesen Unterricht wichtig und wie können sie zugänglich gemacht werden (didaktische Rekonstruktion).
  3. Lernen besteht darin, Lernprodukte zu erstellen. Nur wer etwas tun kann, ist kompetent. Aus dem Tun entsteht etwas. Dieses Entstehende kann heute auch eine digitale Form annehmen oder wird mit digitalen Formaten begleitet.
    Dritte Aufgabe: Wie können die Lernenden im Unterricht digitale Lernprodukte erstellen?

Wer nun vor der Frage steht, wie der eigene Unterricht »digitaler« werden kann, kann mit einer der drei Aufgaben beginnen. Unterricht muss sich nicht von heute auf morgen radikal ändern. Es reicht, sich vorzunehmen, im nächsten Semester mal Teams mit einer Klasse zu benutzen (1.). Oder mal eine gute Website im eigenen Fach kritisch zu analysieren und als Lerninhalt zu verstehen (2.). Oder die Lernenden mit Adobe Spark arbeiten lassen, statt sie einen Vortrag oder ein Poster gestalten zu lassen (3.)

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