Viele Schweizer Gymnasien haben BYOD eingeführt oder denken darüber nach. Es werden einige Jahre vergehen, bevor die Erfahrungen evaluiert werden und zu Erkenntnissen verarbeitet werden, die dann Platz schaffen für neue Konzepte.
Meiner eher ungeduldigen Art entsprechend wage ich heute schon eine Einschätzung, die auch mit der Frage verbunden ist, was Schulen tun sollten, die noch nicht auf BYOD umgeschaltet haben. Zunächst skizziere ich aber kurz, wie die BYOD-Modelle heute funktionieren – basierend auf meiner Erfahrung.
Führen Schulen BYOD ein, erarbeiten sie meist drei parallele Konzepte: Eines für die Weiterbildung von Lehrpersonen, welche die von Schülerinnen und Schülern mitgebrachten Geräte in ihrem Unterricht nutzen sollten; eines für die Eltern, denen mitgeteilt wird, wie BYOD eingesetzt wird und welche Geräte ihre Kinder für die Schule brauchen – und ein technisches, mit dem festgelegt wird, wie die Schulräume mit Steckdosen und WLAN aufgerüstet werden können.
Während das Vorgehen von außen betrachtet so wirkt, als würden Kosten von der Schule (bzw. von den Schulträgern, den Kantonen) auf die Eltern abgewälzt, wird bei näherer Betrachtung deutlich, dass die BYOD-Voraussetzungen an den Schulen Investitionen nach sich ziehen, die keinen Raum für Einsparungen lassen: Weiterbildung, technischer Support und WLAN-Infrastruktur sind teuer.
Hinzu kommt ein doppelter Widerstand: Schulen sind träge Systeme. Nur weil Schülerinnen und Schüler Computer mitbringen könnten, tun sie es nicht. Und nur weil Lehrkräfte damit im Unterricht arbeiten könnten, tun sie es ebenfalls nicht. Fazit: An vielen BYOD-Schulen bleiben die Geräte zuhause.
Kurz: Kritisch gesehen ist BYOD pädagogisch harmlos und wirtschaftlich uninteressant für Schulen. Hart formuliert ist die Idee in der aktuellen Umsetzung gescheitert, mild formuliert sollten sich Schulen, die BYOD einführen, einige Gedanken machen.
Im Idealfall entsteht aus diesen Gedanken ein neues Konzept, mit dem sich BYOD »überspringen« lässt: Etwa eine »mobile first«-Digitalisierung. Das Konzept geht sinnvollerweise von Prozessen aus, die mit einer Schulsoftware implementiert und verbessert werden. Nehmen wir Hausaufgaben: Eine Schulentwicklungsmaßnahme könnte darin bestehen, dass alle Hausaufgaben auf dem Lernmanagementsystem abgelegt sind. Schülerinnen und Schüler müssen dort auf alle Ressourcen zugreifen können und ihre Aufgaben auch so abgeben. Welche Geräte sie dafür verwenden, ist aber zunächst irrelevant. In der Regel werden es bei Jugendlichen mobile Geräte sein, bei Erwachsenen Laptops.
Dieses Konzept müsste verfeinert und ausgearbeitet werden. Selbstverständlich braucht es auch einen »catchy« Titel und müsste eine Art Ablauf beschrieben. Weil es aber von Prozessen ausgeht, hat es von Anfang an eine höhere Verbindlichkeit und macht deutlich, dass es um digitale Arbeitsformen geht, nicht um die Verfügbarkeit bestimmter Geräte. Um Kompetenzen, nicht um Anschaffungen. Die Frage wird dann nicht sein, was man mit den vorhandenen Geräten im Fach X machen kann, sondern welche Prozesse man ebenfalls digitalisieren kann (und wo das wenig Sinn ergibt).
Nachtrag: Thomas Staub von der PH Zürich hat hier ein paar Positionen zu BYOD gesammelt.