Die Bux-App bietet im Moment zwölf literarische Stadtrundgänge durch Zürich an. Das System ist wohl bekannt: Von einem festgelegten Startpunkt aus lotst einen die App mit der GPS-Funktion des Handys durch ein Quartier Zürichs. Audiovisuell wird so eine Führung durch ein Quartier mit einer Einführung in ein literarisches Werk verbunden.
Die App habe ich mit einer 10. Klasse und dem Rundgang zu Urs Widmers »Der blaue Siphon« getestet. Die Klasse hatte zuhause die ersten Seiten der Erzählung schon gelesen.
Mit dem Rundgang verfolge ich vier Lernziele: Erstens sollte der Realismus der ersten Seiten verdeutlich werden – der Spaziergang durch Hottingen machte allen klar, dass sich Widmer direkt auf das Zürich der beiden Zeitebenen der Erzählung (1991/1941) bezieht. Dadurch war zweitens ein realer Raum neben den symbolischen Räumen der Erzählung, die besonders in den fiktiven Filmen eröffnet werden, die als Binnenerzählungen eingeschoben sind. Drittens macht der Schauspieler Klaus Henner Russius die Zuhörerinnen und Zuhörer mit seinem Freund Urs Widmer vertraut – die Klasse lernt also neben von ihm gelesenen Auszügen aus dem Text auch den Autor Widmer besser kennen. (Und viertens festigt sich die Textkenntnis.)
Wurden diese Lernziele erreicht? Teilweise. Zuerst zur praktischen Umsetzung: Die App ist nur für iOS verfügbar. In der Klasse verfügt rund die Hälfte der Schülerinnen und Schüler über ein entsprechendes Gerät – so mussten viele Kopfhörer und Bildschirme teilen, was die Konzentration geschmälert hat, es war schwierig, sich so beim Spazieren etwas konzentriert anzuhören.
Auch die Orientierung in der Stadt fiel nicht allen gleich leicht. Offenbar ist Kartenlesen auch auf Smartphones nicht für alle Schülerinnen und Schüler etwas, was sie beherrschen.
Die Wirkung der Stadt war sicher die stärkste auf die Klasse. Der Zürichberg wurde als unerwartet steil erlebt, die noch vorhandene Polizeiwache überraschte genauso wie die vielen Gymnasien, die wir auf dem Weg passierten. Die App ist aber doch recht tonlastig und richtet sich eher an ein literaturinteressiertes erwachsenes Publikum, das Zürich besucht und mit den Werken nicht eng vertraut ist.
Die Möglichkeiten der interaktiven Elemente sind sehr beschränkt (ein Foto aufnehmen ist das höchste der Gefühle), ansonsten sieht man Bilder, hört oder liest Texte.
So war denn auch der Tenor der Auswertung verhalten positiv: Rauszugehen und in der Stadt was zu erleben fanden alle gut, ein intensives Erlebnis mit dem Buch oder einen starken Lerneffekt gab es jedoch für die Schülerinnen und Schüler nicht.
Ich werde mit einer anderen Klasse die App bald noch einmal testen – wahrscheinlich mit de Wecks »Lieblingsmenschen«, einem Theaterstück, das ich schon mehrmals mit Klassen gelesen habe, oder mit der Dada-Tour.
Kennst du die App „Actionbound“? Damit lassen sich auch problemlos Stadtrundgänge erstellen und du kannst deine Inhalte problemlos auf deine Klassen anpassen. Oder noch besser: Du lässt einen Actionbound grad selber von deiner Klasse erstellen.