Zu einer Kritik an #zeitgemäßebildung und an den 4K

Man möchte gerne sich und seine Projekte so platzieren, dass sie auch gesehen werden. Wenn jetzt die eigenen Begriffe nicht mehr so gut laufen, dann gibt es da diese Reflexe zur Abgrenzung. Ich glaube, das bringt manchmal die Aggressivität und Polemik in die Debatte. Andererseits macht es auch die einzelnen Ziele klarer, das, was die Protagonisten wollen. Die Ziele sind sicher unterschiedlich, aber wenn diese erste Positionierung gemacht wurde, dann führt die Diskussion durchaus zu konstruktiven Auseinandersetzungen.

Diese Aussage habe ich im Interview mit edulabs mit Bezug auf Konflikte gemacht, die in den letzter Monaten in den Netzdiskussionen zu Bildung unter den Bedingungen der Digitalisierung immer häufig aufbranden. Im Sinne einer konstruktiven Auseinandersetzung möchte ich auf ein Argument eingehen, das ich gestern auf Twitter verdichtet gelesen habe, zwei Wochen zuvor aber in einem Workshop mit Deutschlehrerinnen und -lehrern auch im Gespräch gehört habe.

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Das Argument lautet – in der für mich wohlwollendesten Interpretation:

Zeitgemäße Bildung und das 4K-Konzept fordern Lernen mit digitalen Kommunikationsmitteln, insbesondere durch Kollaboration und Vernetzung. Gewisse Aspekte eines tiefgründigen Lernprozesses erfordern aber eine intensive Auseinandersetzung mit Inhalten. Diese Auseinandersetzung muss zuweilen allein erfolgen: Sie verlangt traditionelle Konzentration, lange Zeiträume, Innerlichkeit. Permanente Informationsströme und Vernetzung stören diese Prozesse.

Meine Reaktion darauf: Ja, das stimmt grundsätzlich. Darüber hinaus gibt es drei Möglichkeiten, das Argument zu verstehen:

  1. Es ist eine falsche Darstellung dessen, was mit »zeitgemäßer Bildung« oder 4K gemeint ist: Wer hat denn jemals gesagt, eine intensive Auseinandersetzung mit einem Problem sei nicht mehr wichtig? Worüber sollte man sich denn austauschen, wenn nicht über eine eigene Perspektive auf einen Gegenstand, über eigene Erkenntnisse? (Diese falsche Darstellung zeigt sich etwa im Tweet an der Aussage, es werde gefordert, man müsse ständig kollaborieren oder kommunizieren. Das ist ein Strohmann-Argument.)
  2. Es ist ein künstlicher Gegensatz: Wer Zusammenhänge wirklich verstehen will, muss sich damit auseinandersetzen aber auch andere Perspektiven darauf wahrnehmen. Expertise besteht aus beidem. Da gibt es keinen Widerspruch.
  3. Es ist eine Reaktion auf eine Verschiebung des Akzents. 4K und »zeitgemäße Bildung« sagen: Das wird wichtiger, darauf müssen wir mehr achten in Bildungssettings, das ist jetzt einfacher möglich. Die Reaktion, die in der Kritik deutlich wird, entgegnet: Diese Verschiebung hat einen Preis.

Diese 3. Interpretation ist für mich die konstruktive. Hier würde ich entgegnen: Ja, diese Veränderung hat einen Preis, aber der vorherige Zustand hatte auch einen. (Er war ja immer auch ein Ideal für privilegierte Menschen, die sich zwei Wochen in eine idyllisch gelegene Wohnung zurückziehen konnten, um dort einmal den Zarathustra ganz zu lesen – und aus dieser Möglichkeit dann Strukturen für ein Bildungssystem ableiteten, in dem sie für viele undenkbar war).

Dann sind wir an einer besseren Position und können verhandeln, worauf wir den Akzent legen wollen. Ich lege ihn weiterhin auf Zusammenarbeit und Kommunikation. Diese kleine Debatte scheint für mich der Beleg zu sein, dass hier weitere Arbeit nötig ist, um in einen Bereich zu gelangen, in dem wir gemeinsam konstruktiv vorankommen.

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