[Rezension] Krogerus/Tschäppeler – Das Kommunikationsbuch

Lähmende Sitzung, ungelenker Smalltalk auf der Hauseinweihungsparty, stundenlange destruktive Kommentarschlachten auf Facebook und Medien, welche die Botschaften politischer Akteure scheinbar ungeprüft übernehmen: Kommunikation scheint oft an die Wurzel von dem zu gehen, was uns im Leben beschäftigt und belastet.

Mikael Krogerus und Roman Tschäppeler haben sich damit auseinandergesetzt, wie sich kommunikative Probleme lösen lassen. Dazu haben sie eine neue Dauerausstellung im Museum für Kommunikation in Bern gestaltet. Kernstück sind 66 Zeichnungen, mit denen zentrale Aspekte visualisiert werden. 43 davon sind im »Kommunikationsbuch« abgedruckt (Kein & Aber, 26 Franken) – versehen mit einer Doppelseite, auf der wesentliche Begriffe, Konzepte und Theorien zur Kommunikation erklärt werden.

»Smalltalk« ist das letzte der Themen: Die Zeichnung vereinfacht hier nicht den Text, sondern setzt »Small Talk« zu anderen Formen der Beziehungskommunikation in einen humoristischen Zusammenhang. Die Ausführungen dazu versammeln Tipps, wie erfolgreicher Small Talk gestaltet werden kann (eine zweite Frage stellen, statt auf eine Gegenfrage zu warten; Männer nach Ratschlägen fragen; nach Themen suchen, die andere beschäftigen, statt eigene zu platzieren).

Das Beispiel zeigt, dass das Handbuch – es passt im wörtlichen Sinne in eine Hand – Forschungsresultate so präsentiert, dass sie einen praktischen Nutzen entfalten können. Wer sich etwa darin informiert, wie man sich erfolgreich entschuldigt oder effiziente Meetings leitet, wird sein Leben kommunikativ leichter bewältigen. Gleichwohl finden sich vor allem im ersten Teil zu Medien wie auch im zweiten zu »Liebe + Freundschaft«, in dem grundlegende Kommunikationstheorien präsentiert werden, Zusammenfassungen einflussreicher Modelle und Theorien.

Auf wissenschaftliche Arbeiten verweisen die Texte sehr knapp und ohne Literaturangabe, im Anhang finden sich aber zu jedem der 43 Aspekte ein oder zwei Literaturangaben, die eine vertiefte Auseinandersetzung ermöglichen.

Zwei Wochen habe ich das Buch nun mit mir rumgetragen und im Tram, beim Warten oder in Pausen ein oder zwei Abschnitte gelesen. Da ich mich für Kommunikation interessiere, habe ich wenig Neues erfahren, aber viele der prägnanten Zusammenfassungen und Merksätze haben mir Einsichten auf eine Art präsentiert, die mich überrascht hat und mir erlaubt, die Verdichtungen abzurufen, wenn ich jemandem davon erzählen möchte. Das Buch eignet sich aus meiner Sicht als Lehrmittel für den gymnasialen Deutschunterricht, der sich oft mit eher angestaubten Kommunikationstheorien aus den 70er-Jahren auseinandersetzt, mit den Grafiken und Texten von Krogerus und Tschäppeler aber eine Basis erhält, um soziologische und philosophische Einsichten mit betriebswissenschaftlicher Klugheit und differenzierter Medienkritik zu verbinden – gerade für Wirtschaftsklassen erscheint mir das sehr attraktiv. Die Bilder ergeben dann einen hilfreichen Gesprächsgegenstand, zumal sie oft so gestaltet sind, dass sie Fragen auslösen und nicht beantworten – oder Akzente setzen, statt komplexe Zusammenhänge zu verdichten.

Doch das Buch ist mehr als ein Lehrmittel: Es ist eine Erinnerung auf meinem Schreibtisch, klug zu kommunizieren. Zu verstehen, wie Kommunikation wirkt, ist ja nur der erste Schritt – der zweite ist es, die Disziplin aufzubringen, die daraus resultierenden Schlüsse auch wirklich umzusetzen. Dabei hilft leider kein Buch.

[Transparenzhinweis: Ich habe vom Verlag ein kostenloses Rezensionsexemplar erhalten.]

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