WhatsApp an Schulen Pflicht – über digitale Lernmittel

Auch gestern tauchte von Seiten der Eltern wieder die Frage auf, ob Lehrpersonen den Eltern vorschreiben dürfen, ab wann ihr Kind mit WhatsApp ausgerüstet zu Schule muss. (FB-Diskussion über Elternabend)

WhatsApp funktioniert in der Kommunikation mit Jugendlichen. Will man die Funktionalität der App auf anderen Wegen mit ähnlicher Zuverlässigkeit replizieren, erfordert das viel Ressourcen, Energie und Disziplin. Warum also nicht auf WhatsApp zurückgreifen? Abgesehen von Datenschutzbedenken – die ich zu einem großen Teil als Verhinderungsdiskurs interpretiere – gibt es die verbreitete Hemmung, von Schülerinnen und Schülern zu verlangen, dass sie WhatsApp für die Schule verwenden müssen (WhatsApp kann man leicht durch andere mobile Kommunikationsapplikationen ersetzen).

Diese Hemmung halte ich – abhängig vom Alter der Kinder – für überflüssig. Ersetzen wir Mobiltelefone durch andere Medien, dann käme die Hemmung nie auf. Von Kindern verlangen, dass sie in angemessenen Lernumgebungen lesen, schreiben, malen, zuhören ist selbstverständlich. Geht es um digitale Kommunikation – welche die Lebens- und Berufswelt dominiert – dann ändert sich das.

Aus einer bestimmten Perspektiven ist das verständlich: Für den Schulbesuch sollten keine oder nur geringe Kosten anfallen. Können sich Eltern das WhatsApp-Smartphone nicht leisten, müssen Schulen Lösungen anbieten (sprich: Smartphones zur Leihe abgeben). Das gilt auch für den nötigen mobilen Datenzugang. Schulen werden zunehmend auch Apps für Schülerinnen und Schüler kaufen. Betrachtet man digitale Lernmittel wie analoge, schärft sich der Blick.

Die Haltung, Eltern müssten Kinder vor digitaler Kommunikation schützen und hätten ein absolutes Recht zu entscheiden, in welchem Alter ihre Kinder den Zugang dazu erhalten, halte ich für eine esoterische Position. Man sollte Eltern, die sie vertreten, ähnlich behandeln wie die, welche Kinder daran hindern wollen, den Schwimmunterricht zu besuchen oder wissenschaftliche Einsichten nachvollziehen zu können.

Für die Deutschschweiz halte ich im Moment die 7. Klasse für eine sinnvolle Grenze: In der 7. Klasse können Lehrkräfte und Schulen voraussetzen, dass Schülerinnen und Schüler ein Mobiltelefon für schulische Aufgaben verwenden können. Diese Grenze ist recht konservativ gesetzt, sie könnte bald sinken.

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27 Kommentare

  1. Peter Pan sagt:

    1. Schulen haben kein Geld
    2. Geschlossene Messenger anzubieten als Standart halte ich für fahrlässig
    3. Lehrer möchten auch mal Abschalten

    Zunächst einmal sollte man sich Gedanken über eine Notwendigkeit der digitalen Kommunikation machen

  2. Dünenegeist sagt:

    Meines Erachtens kann nur eine auf offenen Standards basierende Kommunikation im Schulsystem verpflichtend werden, nicht ein geschlossenes System eines einzelnen Anbieters. Somit kommt für mich nur email oder offen Chatprotokolle in Frage.

    Für mich kommt Whatapp allein schon deswegen nicht in Frage, weil ich mir dann dafür ein separates Endgerät anschaffen müsste. Manche in meine Freundes und Bekanntenkreis wären ziemlich erbost darüber, wenn ich via Whatapp deren Kontaktdaten aus meinem Telefonbuch in richtung facebook leaken würde. Ich kenne jede Menge Leute, für die WA abzulut tabu ist und die es nie nutzen würden. Wenn überhaupt vielleicht Signal. Und das sind alles beileibe keine Technikverweigerer.

  3. Lars sagt:

    Es ist wichtig, der NSA frühzeitig zu melden, wer mit wem in einer Klasse ist. Solche Beziehungsnetzwerke können sich im späteren Leben als sehr nützliche Information erweisen. Hier ist WhatsApp eine gute Wahl. Nicht nur, um möglichst im frühkindlichen Alter das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nachhaltig zu zerstören. Sondern auch, weil sich die Kinder so schon frühzeitig daran gewöhnen, dass ihre Daten in die USA kein deutsches Datenschutzrecht genießen. Facebook sagt einem dann „deine Klassenkameraden kauften auch…“. Und dass dann schon 12-Jährige eine mit-Kreditkarte-verknüpftes Google-Konto aufmachen müssen, wird sie zwar nicht zu mündigen Bürgern, aber wohl zu hervorragend Konsumenten erziehen. In dem Sinne kann ich die Idee nur unterstützen, denn so werden sie optimal auf das Leben vorbereitet. Möglicherweise könnte man die Idee noch ausbauen und weiterhin die Anmeldung bei Google+ und einem rechtsextremen Sozialen Netzwerk verpflichtend machen – einfach, um die Vielfalt zu erhalten und den Marktwert dieser Unternehmen zu steigern.

  4. aweller sagt:

    Warum kann die Schule nicht Threema kaufen und den Schülern ausgeben?
    WA funktioniert super und entspringt der Welt der Schülerinnen und Schüler, Medienkompetenz bedeutet jedoch auch zwischen Kosten und Nutzen abwägen zu können… Wer kann heute schon sagen, was die Datenmenge, die WA allein dadurch produziert, dass es auf einem Smartphone installiert ist, eigentlich wert ist…. Ich glaube, viiiieeeel mehr als wir uns vorstellen können….

  5. Michael sagt:

    Ich hab leider nicht mitbekommen, für was die Schule den Dienst einsetzen möchte? Bekanntgabe von Ausfall-Stunden, Erinnerung an Hausaufgaben? Prüfungen?

  6. Axel Krommer sagt:

    Das Problem liegt in einem Fehlschluss. Denn man darf nicht von

    „X ist gesellschaftlicher Konsens“

    auf

    „Wer X ablehnt, ist esoterisch und seine Position muss man nicht ernst nehmen“

    schließen, wie es der Text impliziert.

    Denn es kann gute Gründe geben, sich dem Konsens zu widersetzen.

    Morgen könnte es gesellschaftlicher Konsens sein, Katzenbabys zu ertränken. Doch daraus dass das Ertränken von Katzenbabys gesellschaftlicher Konsens ist, folgt nicht, dass Menschen, die keine Katzenbabys ertränken wollen, esoterisch sind. Im Gegenteil.

    Zur Nazi-Zeit hätte man z.B. für X „Antisemitismus“ einsetzen können. Doch daraus, dass Antisemitismus gesellschaftlicher Konsens ist, folgt natürlich nicht, dass Menschen, die Antisemitismus ablehnen, esoterisch sind. Im Gegenteil.

    etc.

    Also: Der Kern des Textes beruht auf einer ungültigen Schlussform. Es kommt daher gar nicht darauf an, welche inhaltlichen Gründe es dafür gibt, WhatsApp abzulehnen.

    1. Wabble sagt:

      Von Katzenbabys mal abgesehen scheint mir fragwürdig, ob man hier von einem „Konsens“ sprechen kann. WA ist maximal eine ‚Konvention‘, eher noch einfach marktdominierend, und das auch nur in bestimmten sozialen Kontexten.

  7. Wabble sagt:

    Ich finde das Argument sehr schwach, man müsse schon deshalb WA zur Pflicht an Schulen erklären, weil es gesellschaftlicher „Konsens“ sei. Es ist m.E. Aufgabe der Schule, Medienkompetenz zu vermitteln. Und das heißt nicht, den Schülerinnen & Schülern zu erklären, wie beliebte Anwendungen bedient werden, sondern z.B. Unterschiede zwischen proprietärer und offener Software, zentraler zu denzentraler Kommunikation zu vermitteln, Netzwerkeffekte zu erklären und die gesellschaftlichen Konsequenzen daraus zu diskutieren. Kurz: Genau solche Software wie WA kritisch zu reflektieren, statt nur zu sagen: „Alle haben es doch!“

  8. Sven sagt:

    Es gibt diverse Messenger, bei denen die rechtlichen Bedenken entfallen. Optimal wäre Jabber/XMPP als Protokoll, das ist offen. Clients gibt es wie Sand am Meer – in der Regel sogar Open Source. Warum man WA & Co. in diesem Fall nicht einsetzen kann und sollte, ist doch ein schöner Diskussionsgegenstand zur Stärkung der IT-Kompetenz der Schüler.

  9. Martin sagt:

    Kommunikation mit Jugendlichen funktioniert auch gut über Snapchat und mit Tumblr kann man sogar die stillen Individualisten erreichen.

  10. Horst sagt:

    Die ganze Idee ist ganz schnell Geschichte, wenn unter den Eltern ein Anwalt ist, der die (datenschutz-)rechtlichen Probleme von WhatsApp kennt und versteht.
    Dass ein Lehrer einen Zwang ausüben will, dass auf den digitalen Endgeräten, die sich im Besitz der Schüler/Eltern befinden, eine App installiert wird, die weder von der Schule/dem Staat entwickelt oder kontrolliert wird noch grundsätzliche Prinzipien des deutschen Datenschutzrechts einhält, ist in dem Falle noch nicht mal eine „esoterische Position“ sondern schlicht rechtswidrig.

    1. brueedi sagt:

      es geht doch nicht um die datenschutzrechtlichen probleme von whatsapp, sondern um informationen, welche einem internetdienst anvertraut werden. ich staune immer wieder, wie jugendliche meist eine gute innere barriere haben, wenn es um wirklich relevante daten geht.

    2. Das ist ein völlig anderer Frame als der meines Artikels. Natürlich gibt es an vielen Orten Gesetze, die Schulen daran hindern, pädagogische Ziele zu erreichen. Mein Beitrag sagt eher: Diese Gesetze müssen so verändert werden, dass zeitgemäßer Unterricht stattfinden kann.

  11. habe den Artikel bei mir verlinkt

  12. brueedi sagt:

    Ich habe mir WhatsApp-Gruppen, seit es sie gibt, immer und immer wieder mit Klassen „angetan“ – die Hoffnung nie aufgebend, es würde sich daraus etwas entwickeln. Ich habe es fast ausschliesslich nach wenigen Tagen wieder aufgegeben: einzelne SuS wollten partout nicht die Spreu vom Weizen trennen.

    Nach meinen Erfahrungen kann WhatsApp weder ein Lehr- noch ein Lernmittel sein. Und ich habe es nie als meine Aufgabe betrachtet, den SuS zu erklären, welche Informationen sie einem Messanger anvertrauen können und welche nicht.

    Eben hat mich eine ehemalige Schülerin über WhatsApp gebeten, ihr über eMail einen Film zu senden (allerdings, ohne mir ihre eMailadresse anzugeben). Warum nicht gleich in WhatsApp? Vielleicht müsste jemand den Jugendlichen zuerst einmal die wesentlichen Anwendungen in WhatsApp erklären.

    Und die LehrerInnen! Von meiner Frau bis zu unseren Teams gab es eine tiefe Abneigung gegen WhatsApp „und all da Züüg“.

  13. Oliver Bläß sagt:

    weil:
    Whats App von allen Möglichkeiten die man hätte nennen können die
    1. datenschutzrechtlich und
    2. sicherheitstechnisch bedenklichste ist
    weil:
    man massiv in die Persönlichkeitsrechte der Eltern Schüler und Lehrer eingreift indem man Ihnen nicht nur eine App vorschreibt sondern damit auch, dass sie zulassen müssen, dass diese App praktisch jede mögliche Berechtigung auf dem Handy erhält….
    weil:
    nicht jeder Schüler ein Smartphone hat
    weil:
    Manche Eltern und Schüler aus guten Grund und aus Überzeugung kein Whats App nutzen und das ihr gutes Recht ist
    weil:
    es eine unfaire, wettbewerbsverzerrende Maßnahme wäre die andere Messenger massiv benachteiligt…..
    weil:
    es sichere, rechtskonforme Alternativen gibt
    weil:
    wir unsere Schüler nicht überall dort abholen müssen wo sie stehen….
    weil:
    in Unternehmen das Telefon und die Email bzw. ein sicheres Intranet immer noch das Mittel der Wahl sind….
    und das sind nur die Gründe die mir spontan einfallen…..

    1. Jetzt einfach mal Festnetztelefonie für WhatsApp einsetzen und schauen, was dann passiert. Zudem: Warum sollte man ausgerechnet bei der Kommunikation die Schülerinnen und Schüler nicht dort abholen, wo sie stehen?

      1. und *genau deshalb* wäre das eine wundervolle Lektion in Sachen Medienkompetenz. Erklären, was an Whatsapp falsch ist und sinnvolle Alternativen anbieten. Und diese dann auch im täglichen Gebrauch verwenden.

      2. oliver bläß sagt:

        Oliver Bläß

        Wenn ich dich richtig verstehe, glaubst du eine App mit der man jederzeit und auch sehr kurzfristig die Schüler erreicht um sie z.B. an ihre Bücher oder Hausaufgaben zu erinnern wäre nötig…ich denke das ist nicht so! Schüler müssen lernen, zuverlässig und eigenverantwortlich zu arbeiten. Das lernen sie nicht wenn man Ihnen mit Hilfe von Whats App hinterher rennt. Schüler haben Geräte auf denen sie emails abrufen und schreiben können und es ist keine große Sache Ihnen zu zeigen wie (die meisten bekommen es von alleine hin weil Smartphones nun mal Smart sind). Sie brauchen keine Geräte die man Ihnen zur Verfügung stellt. Die einzige Frage die sich stellt, ist, ob der Lehrer sich die Mühe macht, sie zum eigenverantwortlichen Handeln zu erziehen und von Ihnen einfordert, dass emails gelesen werden, Hausaufgaben gemacht werden und Bücher mitgebracht werden oder eben nicht….An dieser Stelle auf die Schüler zuzugehen ist bestimmt nett gemeint aber kontroproduktiv, weil sich die Schüler so einfach noch mehr darauf verlassen, dass Ihnen Lehrer und Eltern schön alles hinterhertragen. Und das Ganze gibt es dann ohne dass man Schüler und Eltern die keine WA nutzen in dieses nicht rechtskonforme System heineinzwingt. Inhaltlich Schüler dort abzuholen wo sie stehen ist ein ganz anderes Thema….da wäre ich jederzeit mit dir….und was Unternehmen und Jugendlich angeht….klar haben Unternehmen mit denen zu tun….die keisten Auszubildenden sind Jugendliche….da heisst es dann friss oder stirb…die holen in Sachen Kommunikation sicher nicht Jugendliche dort ab wo sie stehen…..und was passiert mit dene die das nicht einhalten können? Also nicht in der Lage sind, ihre mails die Ihnen per Push Nachricht auf dem Handy geliefert werden abzurufen, zu lesen und zu verstehen? Die lernen es ganz schnell….bei meinen Schülern meist, wenn ich eine mail mit dem Inhalt „Morgen früh fallen die ersten beiden Stunden aus“ rumschreibe….das ist meist das letzte mal das jemand die mails nicht liest…..

  14. Hanspeter Vogt sagt:

    „WhatsApp an Schulen Pflicht – über digitale Lernmittel“
    Gilt die WhatsApp-Pflicht auch für Lehrpersonen? Hier sehe ich die ersten Probleme.
    Gibt es dann auch eine Pflicht, What’s im und/oder für den Unterricht einzusetzen?
    Ich frage mich, ob es nicht andere – wichtigere – Aufgaben für die Schulen gäbe, die gelöst sein müssten, ehe man eine WhatsApp-Pflicht, egal für welches Alter auch immer, einführt.
    Aber es ist wahrscheinlich gut, wenn man darüber redet.

    1. Wo liegen die Probleme? Es gibt längst eine E-Mail-Pflicht. E-Mail funktioniert heute weniger gut als WhatsApp. Warum nicht einfach ein mobiles Chattool einführen, das die Funktionalitäten von WhatsApp abbildet? Wer sollte sich daran stören?

  15. andreas strablendorf sagt:

    konkret stellt sich mir die frage, welche art von kommunikation AUSSCHLiESSLICH ueber whatsapp moeglich sein soll?! und: wird diese in der schule benoetigt? worin besteht das ziel? der kommunikative mehrwert?

    1. Nein, die Frage stellt sich für mich nicht. Wann war es je ein Kriterium für einen Kommunikationskanal, dass eine Botschaft exklusiv darüber verbreitet werden kann?

  16. WhatsApp als «Lernmittel» zu bezeichnen, finde ich nicht korrekt. Ein Lehr- oder Lernmittel ist ein Werk, etwas das aus schöpferischer, kreativer oder auch handwerklicher Leistung hervorgegangen ist. Die App an sich enthält «nichts» – ausser dem Code, was hier nicht gemeint sein kann. Ein Kommunikationsmittel ja, aber kein Lernmittel. «Esoterische Position»? Finde ich klärungsbedürftig…

    1. Ja, den ersten Punkt kann ich gut nachvollziehen. Hier war mein Beitrag zu wenig genau. Bei der esoterischen Position wäre das meine Erklärung: Es gibt einen gesellschaftlichen Konsens, dass WhatsApp für Terminvereinbarung, Dokumentation von Erlebnissen und informelle Kommunikation Standard ist. Einige Menschen halten sich nicht an diesen Konsens, die meisten schon. Esoterisch ist die Position, die sagt, Kinder sollten sich diesem gesellschaftlichen Konsens verweigern.

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