Meine Eindrücke zur Trollcon in Mannheim

Die erste Trollcon ist Geschichte. Ob es noch eine Trollcon braucht oder ob das Thema »Trolle« erschöpft ist, wird sich zeigen. Meinen Beitrag zur Trollcon werde ich genauer präsentieren, wenn Bilder bzw. ein Mitschnitt verfügbar ist – vorerst einige Bemerkungen zum Thema und zur Veranstaltung.

Der »Hackerspace« RaumZeitLabor in Mannheim bestimmte das Setting der Veranstaltung. Auch wenn ich durchaus mit Netzthemen vertraut bin – die anwesende Szene hat mich doch überrascht: Diese Piraten/Hacker/Nerds in den Kaputzenpullis, die an dunklen Laptops farbige Programmzeilen eintippen, kastenweise Mate trinken und nebenbei Smartphones lasergravieren oder mit 3D-Druckern spielen – die gibt es. Für mich als Mann war die Atmosphäre nett, locker lustig – alles war unkompliziert, das Essen gut. Ganz herzlichen Dank für alles – auch wenn jetzt noch Kritischeres kommt – das meine ich ernst!

Die Leute, die in diesem RaumZeitLabor ihre Zeit verbringen, hatten die Trollcon konzipiert. Damit hängt eine gewisse Faszination für Trolle zusammen: Trollen, so hatte ich den Eindruck, wird primär als Quelle der Unterhaltung betrachtet. Einige schienen etwas überrascht davon, dass das Thema von Referentinnen und Referenten diskutiert wurde, die fundierte Thesen präsentierten. Entsprechend war die Kritik auf Twitter – der Verantsaltung wurde ein undifferenziertes, verhamlosendes Troll-Verständnis vorgeworfen.

https://twitter.com/autofocus/status/259988683296493568

Es zeigten sich zwei große Fragen in der Diskussion:
a) Können Trolle überhaupt positive Effekte hervorrufen oder positiv interpretiert werden?
b) Verfolgen Trolle ein Ziel, haben sie eine Utopie? Wünschen sie sich eine Welt, in der alle trollen oder eine, in der trollen nicht mehr möglich ist?
Die Fragen sind schwer zu beantworten und hängen – das war zu erwarten – von der Definition der Figur Troll ab. Wer einfach Provokationen oder das Stören von Kommunikation als Troll-Verhalten (um-)interpretiert, trägt kaum zu einer ergiebigen Diskussion bei. Ich werde meine eigenen Überlegungen hier nicht einfließen lassen, sondern im Beitrag zu meinem Vortrag festhalten.

Enorm erstaunt hat mich, wie sehr Julia Seeliger die Anwesenden provozieren konnte. Ihr Vortrag zu »Trollfeminismus« enthielt Vorschläge, wie der feministische Diskurs durch Troll-Methoden Probleme angehen könnte, an denen er immer wieder scheitert. Einige feministische Bemerkungen zum Thema Gender im Hackerspace RaumZeitLabor führten zu heftigen Reaktionen. Mir war, als hätte sie einige der Anwesenden brutal getrollt – obwohl ich gar nicht verstand, was an ihren Bemerkungen überhaupt solche Effekte ausgelöst hat. Grundsätzliche feministische Überlegungen scheinen immer wieder eine Erklärung elementarer Zusammenhänge zu erfordern. Wer feministische Thesen vertritt und entsprechend Kritik äußert, muss damit rechnen, an- und abwesend belacht und verhöhnt zu werden.

Seeliger auf der Trollcon.

Damit wage ich es doch, die Frage nach den positiven Effekten zu beantworten. Trolle zwingen ihre Gegenüber in kommunikative Situationen, in denen sie nicht sicher sind, wie sie sich verhalten werden. Sie in ihren Reaktionen Vorstellungen und Regeln explizit machen, die vorher weder bewusst noch diskursiv zugänglich gemacht waren. Der Hackerspace RaumZeitLabor, so meine Interpretation, verstand sich vor der Tollcon als genderlosen oder post-gender Raum: Das Geschlecht der Anwesenden, so die implizite Vorstellung, spielt keine Rolle. Ob Frau, Mann oder Pony: Am Laptop klimpern, bastlen und Mate trinken dürfen und können alle. Dann kam eine feministische Journalistin und zeigte mit ihrer Kritik, dass Geschlecht nur so lange keine Rolle spielt, wie man nicht genau darüber nachdenkt und spricht.

Mein Fazit der Trollcon: Ein Abwesender, ein Soziologe, ein Lehrer, eine Philosophin und ein Pädagoge können einen Hackerspace nicht trollen. Eine Feministin schon.

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