Öffnen wir Facebook, werden wir eingeladen, Inhalte zu teilen. Eine Statusmeldung zu tippen, ein Foto hochzuladen. Oft öffnen wir Facebook, weil wir unserem Netzwerk etwas mitzuteilen haben. Und dann entscheiden wir uns anders, löschen die Nachricht oder teilen das Bild doch nicht.
Wie eine Forschungsarbeit von Sauvik Das und Adam Kramer nahe legt, kann Facebook auch auf diese Inhalte zugreifen, welche User gar nicht publiziert haben. Die beiden Wissenschaftler untersuchen nämlich mit Daten von Facebook, unter welchen Umständen »Self-Censoring«, also Selbstzensur erfolgt. Ihre Ergebnisse:
We studied the last-minute self-censorship habits of 3.9 million English speaking Facebook users, and found that a large majority (71%) self-censored content at least once. Decisions to self-censor appeared to be driven by two principles: […] while posts directed at vague audiences (e.g., status updates) are censored more, so are posts directed at specifically defined targets (e.g., group posts), because it is easier to doubt the relevance of content directed at these focused audiences.
Es gibt einen nachvollziehbaren Grund, weshalb Facebook wissen möchte, wann und wie Nutzerinnen und Nutzer Inhalte nicht publizieren: Diese Inhalte betreffen Bereiche, in denen Facebook kein Vertrauen genießt und die deshalb auch für Werbekunden nicht zugänglich gemacht werden können. Findet Facebook heraus, welche User weshalb Inhalte selbst-zensieren, können Änderungen an der Architektur einen Anreiz schaffen, dass das seltener geschieht.
Die Tatsache, dass Facebook auch nicht-veröffentliche Inhalte speichert und durchsucht, ist beängstigend. In einem Slate-Artikel wird zurecht auf die Parallele zu den elektronischen Überwachungsmöglichkeiten des FBI und der NSA hingewiesen. Problematisch ist insbesondere, dass Facebook erstaunlich genau darüber informiert, wie das Unternehmen an Informationen über Nutzerinnen und Nutzer gelangt – dabei aber die Möglichkeit verschweigt, dass auch nicht-veröffentliche Informationen gespeichert werden:
Deine Informationen umfassen auch diejenigen Daten, die du anderen Personen auf Facebook zugänglich machst, zum Beispiel wenn du eine Statusmeldung postest, ein Foto hochlädst oder die Meldung eines Freundes kommentierst.
Auch wenn ein offizieller Facebook-Sprecher behauptet, Facebook würde unveröffentlichte Statusmeldungen nicht speichern, zeigt das Beispiel zeigt ein weiteres Mal, weshalb wir heute davon ausgehen müssen, dass alles, was wir an einem internetfähigen Gerät tun, erstens Unternehmen und Staaten zugänglich ist, zweitens auf Arten ausgewertet werden wird, die wir uns heute nicht vorstellen können.