Vorletztes Jahr sangen meine Kinder nonstop »Zimetschtern hani gern« von Andrew Bond. Um das auch mobil abspielen zu können, habe ich den Song von der CD auf YouTube hochgeladen. (Mittlerweile hören wir ihn nur noch via Spotify.) Gestern forderte mich Andrew Bond über seine Agentur auf, den Song zu löschen. Ein kurzer Kommentar in Frage-Antwort-Form.
Hast du mit den Song als deinen eigenen ausgegeben oder damit Geld verdient?
Nein – ich habe ihn klar als Werk von Andrew Bond ausgewiesen. Meine YouTube-Videos monetarisiere ich nicht, ich unterdrücke auf allen meinen Social-Media-Kanälen Werbung nach Möglichkeit (so bezahle ich beispielsweise dafür, dieses Blog werbefrei zu halten).
Andrew Bond hat diese Woche die Möglichkeit ergriffen, das Video selbst zu monetarisieren. YouTube erlaubt Künstlerinnen und Künstler, ihre Nutzungsrechte so durchzusetzen, dass sie an den Werbeeinnahmen von Videos beteiligt werden. Das gilt etwa auch für Videos, die einen Musiktrack im Hintergrund laufen lassen, wie man in der folgenden Übersicht einiger meiner Videos sieht, die deutlich machen, dass ich urheberrechtlich geschützte Inhalte gar nicht monetarisieren kann.
Ist es nicht das gute Recht von Andrew Bond, das Video löschen zu lassen?
Jein. Es ist sein Recht. Aber gut finde ich es nicht: Das Video wurde 90’000 Mal angesehen. Offenbar gibt es Menschen, die den Song gerne hören und dafür YouTube vorziehen (weil das für sie nur mit Werbung, nicht aber mit finanziellen Kosten verbunden ist, möglicherweise). Diese Möglichkeit unterbindet der Künstler zusammen mit seiner Agentur nun. Zu denken, er verdiene so mehr Geld als er mit den YouTube-Einnahmen verdient hätte, ist meiner Einschätzung nach ein Trugschluss.
Löschst du das Video? Und warum?
Ja – ich kooperiere grundsätzlich immer mit Menschen, die einen Anspruch an Inhalten haben, vor allem, wenn sie so nett vorgehen wie Bonds Agentur iMusician. Die nette Bitte war aber explizit mit einer Alternative verknüpft: Rechteinhaber können Songs auf YouTube selbstverständlich löschen lassen. Die davon betroffenen Konten werden dann bei YouTube registriert, es gibt eine Art Verwarnung. Passiert das mehrmals, kann das Konto gesperrt werden. Hätte ich das Video also nicht gelöscht, wären für mich Nachteile daraus entstanden.
Was wäre die ideale Lösung?
Mir ist unklar, warum Bond selber keinen YouTube-Kanal betreibt und Fans (also meist Kindern und ihren Eltern) seine Musik nicht so zur Verfügung stellt. Dann hätte ich mein Video freudig gelöscht – ich wollte ja kein offizielles Angebot konkurrenzieren, sondern überhaupt erst eines schaffen.
Was lernen wir daraus?
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Inhaber von Nutzungs- und Urheberrechte haben viele Möglichkeiten, ihre Ansprüche auf etablierten Plattformen durchzusetzen. Mir gefällt bei YouTube die liberale Variante, Remixes etc. zuzulassen, aber für die Verwendung der Inhalte automatisch entschädigt zu werden. (Die geschützten Inhalte sind in einer Datenbank hinterlegt, mit welcher neu erstellte Beiträge abgeglichen werden.) Das ist ein Modell, das für mich Zukunft hat.
Da predige ich (ehemaliger Schulmusiklehrer) gegenüber meinen SuS jahrelang vom Unterschied zwischen Up- und Download im Vergleich der Schweiz mit anderen Ländern – und weise dabei auch darauf hin, was einem von einer gekauften CD gehört und was nicht – und nun lese ich diese Beichte und die Folgerungen daraus.
Ja, es ist zumindest unanständig, das zu tun, was du getan hast. Wenn schon, hätte ich die CD in iTunes importiert – um die Lieder mobile zur Verfügung zu haben.