Am Freitag habe ich Pro Juventute und den Blick dafür kritisiert, dass dort ein »Auszug aus dem Gespräch mit der Telefonberatung« publiziert worden ist. Dafür wurde ich vor allem auf Twitter kritisiert und möchte daher einige Punkte aufgreifen. Man mag mir Besessenheit mit dem Thema vorwerfen – mir geht es aber darum, auf Kritik einzugehen und meinen Standpunkt zu klären. Wer sich für das Thema nicht interessiert, wird wohl schon weitergeklickt haben…
- Ähnliche Artikel sind in eine Reihe von anderen Publikationen (unter anderem Fritz+Fränzi, 20Minuten) erschienen. Das ist mir bewusst – die Kritik hat sich am Blick-Artikel entzündet, gilt aber gleichermaßen für die anderen.
- Meine Hauptkritik: Jugendliche verlieren durch diese Publikation das Vertrauen in die 147-Hotline, weil sie (zurecht oder zu Unrecht sei dahingestellt) befürchten, Vertrauliches könnte an die Öffentlichkeit gelangen.
- Meine Nebenkritik: Der Leserin oder dem Leser müsste klar sein, wie diese Publikation zustande gekommen ist.
- Dem Vorwurf, ich hätte alle Beteiligten vor der Veröffentlichung meiner Kritik befragen müssen, stehe ich gespalten gegenüber: Es wäre so sauberer und fairer gewesen. Kurz nach der Publikation habe ich Pro Juventute um eine Stellungnahme gebeten und auch drei Tage nachher noch keine Antwort erhalten.
- Zum Status der Auszüge:
(a) Laurent Sedano, ein Mitarbeiter von Pro Juventute, beschreibt das Vorgehen inoffiziell so:es sind nachgestellte und zusammengestellte Protokolle und geben nicht einen tatsächlichen Beratungsinhalt wieder. Aus Vertraulichkeitsgründen sind die Gespräche verfremdet. Die Angaben zu allen Details sind zusätzlich eingefügt, so dass sich kein Kind darin wiederfinden kann
(b) Thomas Ley, Mitglied der Blick-Chefredaktion, spricht auf Twitter von »Zusammenfassungen«, denen »reale Gespräche« zugrunde liegen würden.
Für mich ist heute unklar:
(i) Haben die Jugendlichen ihr Einverständnis für eine solche Publikation (verfremdet, zusammengefasst etc.) gegeben?
(ii) Haben die Eltern der Jugendlichen ihr Einverständnis gegeben?
(iii) Sind die Auszüge real, aber durch Anonymisierung, Ergänzung und Zusammenfassung verfremdet, oder »nachgestellt und zusammengestellt«? - Weiter ist für mich zumindest zweifelhaft, ob sich Pro Juventute an die eigenen Bestimmungen zu Datenschutz und Schweigepflicht hält:
Es werden nur unpersönliche Daten zu statistischen Zwecken erhoben. Alle Beraterinnen und Berater unterstehen der Schweigepflicht, auch über das Anstellungsverhältnis hinaus. Diese Schweigepflicht kann mit deinem Einverständnis aufgehoben werden.
- Beim Vorgehen des Blickes bin ich unsicher, ob Bestimmung 3) der »Erklärung der Pflichten der Journalistinnen und Journalisten« eingehalten wird, zumal im Artikel weder die Verfremdung noch die Nachstellung bezeichnet wird, die Rede ist lediglich von »anonymisierte[n] Beratungsprotokolle[n]«:
Sie veröffentlichen nur Informationen, Dokumente, Bilder, und Töne deren Quellen ihnen bekannt sind. Sie unterschlagen keine wichtigen Elemente von Informationen und entstellen weder Tatsachen, Dokumente, Bilder und Töne noch von anderen geäusserte Meinungen. Sie bezeichnen unbestätigte Meldungen, Bild -und Tonmontagen ausdrücklich als solche.
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Interessante Ansicht, fand ich sehr spannend zu lesen.
Hallo Philippe
unser Empfang hat mir uns Dein Email vom Freitag Mittag weitergeleitet, das Du uns nach der Publikation Deines Blogs geschickt hast. In Absprache mit unserer Kommunikation sende ich Dir gerne auch hier die Antwort, die ich Dir bereits am Freitag nach Erscheinen Deines Blogs gegeben haben:
Die Fallbeispiele sind anonymisiert, d.h.es sind nachgestellte und zusammengestellte Protokolle und geben nicht einen tatsächlichen Beratungsinhalt wieder. Aus Vertraulichkeitsgründen sind die Gespräche verfremdet. Die Angaben zu allen Details sind zusätzlich eingefügt, so dass sich kein Kind darin wiederfinden kann. Diese Fallbeispiele werden in erster Linie nicht medial, sondern direkt in der Jugendarbeit verwendet, so bpsw. in der Rubrik ‚Fragen und Antworten‘ auf der Internetseite der Beratung + Hilfe.
Die Beispiele sind ein wichtiges Mittel der Sensibilisierung und Information der Umwelt und zeigen den Kindern in der direkten Jugendarbeit, dass sie nicht alleine sind mit ihren Fragen und wie Hilfestellungen ablaufen und bauen so Hemmschwellen ab. In anderen Fällen betrifft es häufige Fragen, so dass die Jugendlichen, und manchmal auch ihre Eltern, direkt auch eine Antwort finden.
Auch hier nochmals das Angebot: Wir würden uns freuen, wenn Du Dich bei einem nächsten Mal vor und nicht nach Publikation nach dem Sachverhalt erkundigst, sei das bei mir direkt, bei meinen Kollegen oder an die allgemeine Adresse.
Laurent Sedano
Verantwortlicher Medienkompetenz, Stiftung Pro Juventute
Lieber Laurent
Danke für die Antwort. Ich verstehe euer Anliegen und nehme auch die Kritik entgegen. Mir fehlen aber immer noch Antworten auf meine Fragen.
1.) Gehe ich richtig in der Annahme, dass in den Auszügen Elemente aus echten Beratungen vorkommen?
2.) Habt ihr dafür Einverständniserklärungen der Betroffenen?
3.) Wie lässt sich das Vorgehen mit der Schweigepflicht vereinbaren?
4.) Ist die Absicht hinter dem Artikel Jugendarbeit zu betreiben?
5.) Ist dafür der Blick der richtige Kanal?
6.) Warum steht im Artikel nicht klar, wie die Auszüge entstanden sind?
7.) Rechnet ihr damit, dass ein solcher Artikel das Vertrauen in die Arbeit von Pro Juventute schwächen könnte?
1)ja
2)ja
3)siehe agb, durch ankündigung, nachfragen, anonymisierung (inkl.verfremdung)
4)ja, kommt drauf an wie du jugendarbeit definierst
5)ist einer der sich angeboten hat, und viele leute erreicht
6)weil es im artikel nicht darum geht, und sich die meissten leute mit „anonymisiert“ zufreiden geben können
7)nein, warum sollte es?
Danke für die Antworten. Warum das Vertrauen geschwächt werden könnte, habe ich im Artikel dargelegt. Gerade habe ich die DIVSI-Studie gelesen – file:///Users/phwampfler/Desktop/DIVSI-U25-Studie.pdf – dort heißt es über Privatsphäre:
Daher scheint mir besonders relevant, dass die Jugendlichen damit einverstanden waren, dass ihre Fälle im Blick abgedruckt werden. Da das offenbar der Fall ist, bin ich beruhigt (kannst du mir noch verraten, wie ihr das macht – fragt ihr während dem Gespräch, ob ihr die Protokolle für Zeitungsartikel verwendet dürftet?).