Ist der Einsatz von AdBlockern verwerflich?

TA

Mit einfachen Browser-Erweiterungen lassen sich Seiten (wie oben Tages-Anzeiger Online) so darstellen, als enthielten sie keine Werbung. Die Werbung wird versteckt.

Heute haben einige deutsche Nachrichtenportale mit prominent platzierten Bannern dazu aufgerufen, auf ihren Seiten die AdBlocker auszuschalten. Als Beispiel sei die Begründung von Golem.de zitiert:

Daher haben wir eine große Bitte: Schalte deinen Adblocker auf Golem.de aus! Einen entsprechenden Hinweis sehen Nutzer von Adblockern in dieser Woche auf Golem.de, Spiegel Online, FAZ.net, RP-Online.de, Sueddeutsche.de und Zeit.de. Denn das Problem betrifft nicht uns allein, es ist für uns aber besonders groß. Nicht weil wir die Seite mit Werbung vollstopfen, sondern obwohl wir das nicht tun.

Wir sind jedem Einzelnen von euch dankbar, der seinen Adblocker auf Golem.de deaktiviert. Das kommt auch allen anderen Nutzern zugute, die bereits auf einen Adblocker verzichten und es damit überhaupt möglich machen, dass Golem.de existiert. Denn wenn viele ihren Adblocker auf Golem.de deaktivieren, wird die erste und direkteste Auswirkung darin bestehen, dass die Nutzer, die keinen Adblocker verwenden, weniger Werbung zu sehen bekommen. Und das wird sich auch dann nicht ändern, wenn es uns gelingt, im zweiten Schritt die Werbeeinnahmen zu steigern.

Die Hinweise der Portale werden von den AdBlockern mittlerweile auch schon wieder versteckt: Sie waren nur für kurze Zeit sichtbar, werden jetzt behandelt wie Werbung.

Die Frage, ob ich als Internetbenutzer Werbung wegfiltern darf oder nicht, verdient ein etwas genauere Diskussion. Die Argumentation der Anbieter wäre folgende: Wer Inhalte konsumiert, ist daran interessiert, das diese finanziert werden können. Werbung ist eine Methode der Finanzierung, die sich bewährt hat. Fällt sie als Einnahmequelle weg, dann gibt es entweder weniger gehaltvolle Inhalte oder es müssen andere Einnahmequellen erschlossen werden, die dann z.B. die Konsumierenden direkt betreffen könnten. Mit der Benutzung von AdBlockern schneidet man sich letztlich ins eigene Fleisch, weil man die Finanzierung der interessanten Inhalte gefährdet.

Aus einer anderen Perspektive besteht Werbung aus Inhalten, die ohne Anbindung an andere Inhalte nicht wahrgenommen würden. Werbung kann auf dem Markt der Aufmerksamkeit alleine selten bestehen (natürlich gibt es Ausnahmen) und wird den Konsumierenden deshalb in allen erdenklichen Formen aufgezwungen. Warum sollte ich mich gegen diesen Zwang nicht wehren dürfen? Wer eine Modezeitschrift aufschlägt, überblättert beim Lesen eines interessanten Artikels die ersten fünf bis zehn Seiten, die nur Werbung enthalten. Die Aufforderung, einen AdBlocker auszuschalten, ist, als würde man Menschen vorschreiben, wie sie eine Zeitschrift zu lesen hätten.

Ein interessantes Detail sind die technischen Möglichkeiten: Während es aufgrund der digitalen Kommunikation möglich ist, Anzeigen als solche zu erkennen und wegzufiltern – Stichwort Filtersouveränität -, ist es den Webseiten und Werbetreibenden wiederum möglich zu erkennen, welche Werbungen weggefiltert werden. In einem nächsten Schritt kann Werbung auch so gefiltert werden, dass das für Anbietende gar nicht mehr erkennbar ist. (Was natürlich nur dann relevant ist, wenn sich Portale unabhängig davon bezahlen lassen, ob mit den Anzeigen Interaktion stattfindet oder nicht.)

Die Anbieter der einschlägigen AdBlock-Software selbst argumentieren, sie seien Teil der Lösung, nicht der Problems – das Problem nämlich sei nicht die Werbung, sondern die Form der Werbung:

Wir sind uns vollkommen bewusst, dass Qualitätsjournalismus durch Werbung finanziert wird. Daher haben wir bereits im Jahr 2011 die Acceptable-Ads-Initiative ins Leben gerufen, um einen Kompromiss zwischen Internetnutzern und Verlagen zu finden. Werbung, die unaufdringlich gestaltet ist und von der Adblock Plus Community als „akzeptabel“ zertifiziert wurde, wird in den Standardeinstellungen des Werbeblockers nicht blockiert. Der Demokratiegedanke kommt bei unserer Community zum Tragen: Die Richtlinien für akzeptable Werbung legt diese selbst fest. Diese entscheidet, welche Anzeigen unaufdringlich und informativ sind und den Nutzern von Adblock Plus beim Surfen eingeblendet werden. Zertifizierte Werbung erreicht eine größere Reichweite und durchschnittlich 15 bis 20 Prozent mehr Klicks als die übliche, effekthaschende Online-Werbung in dieser Zielgruppe. Das Problem ist die Aufdringlichkeit der Online-Werbung, die am Wunsch der Nutzer vorbeigeht.

Bleibt man nüchtern, so gibt es für die Verlage keine Möglichkeit sicher zu stellen, dass erwünschte Inhalte mit unerwünschten zusammen konsumiert werden, weil digitale Werkzeuge die Trennung solcher Kopplungen erlauben.

Das größere Problem ist generell die Finanzierung von Inhalten im Internet. Und wenn man ehrlich ist, gibt es dafür keine Lösungen. Weder Paywalls noch die Forderung nach innovativen Strategien noch eine Internetsteuer, wie sie Jaron Lanier vorschlägt. Das ist ein echtes Problem, weil Menschen Geld brauchen, um Leben zu können, und es nicht mehr durch das Erstellen von Inhalten verdienen können. Aber auch das Abschalten von AdBlockern hilft nicht, das Problem zu lösen.

 

 

3 Kommentare

  1. Das ist eigentlich ein Problem, das ganz leicht zu lösen wäre. Viele Journalisten und Blogger würden liebend gerne unabhängig und werbefrei informieren, wenn sie sich nur nicht für ein Gehalt verbiegen müssten. Bitte die Ohren zuhalten, ich sage jetzt das Schimpfwort: Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE)

  2. Caravaggio sagt:

    Das Problem sind doch nicht die AdBlocker, sondern die Tatsache, dass die Werbewirtschaft durch die technischen Möglichkeiten in der Lage ist, die Wirkungslosigkeit ihrer Werbung zu messen.
    So kann ich mich beispielsweise beim Fernsehen nicht daran erinnern, jemals einen Werbeblock aufmerksam gesehen zu haben. Bei Werbung wird umgeschaltet, rausgegangen oder zumindest der Ton abgestellt und sich unterhalten. Eigentlich machen es alle Leute so, die ich kenne. Selbst meine Mutter (sicher kein digital native) nimmt Fernsehsendungen auf Festplatte auf und spult bei der Werbung vor. Nur bekommen die Werbetreibenden davon nichts mit (jedenfalls keine gesicherten Zahlen).
    Man stelle sich einen moralischen Appell von RTL vor, doch bitte bitte aufmerksam die Produktinformationen zu betrachten…absurd.

    Im Übrigen finde ich die Koinzidenz dieser Kampagne mit den Drosselplänen der Telekom in D ganz interessant. Sollte die Zukunft des Internets tatsächlich so aussehen, dass jedes heruntergeladene kb direkt kostenwirksam ist (und darauf läuft es ja langfristig hinaus), wird der Einsatz von Adblockern eine absolute Selbstverständlichkeit werden.

  3. avongunten sagt:

    „Das größere Problem ist generell die Finanzierung von Inhalten im Internet. Und wenn man ehrlich ist, gibt es dafür keine Lösungen.“

    Das sehe ich nicht so schwarz. Wir sind immer noch erst am Anfang einer Entwicklung. Die Werbebranche und die Inhalte-Anbieter haben während der letzten 15 Jahre einfach nichts anderes gemacht, als die bestehenden Modelle versucht ins Netz zu übertragen. Es wird auch jetzt bereits viel Geld mit Inhalten im Netz verdient, nur sind neue Player im Spiel, und das Spiel wird ganz neu organisiert. Nur weil die früheren Meisterspieler noch immer versuchen, das alte Spiel zu retten, statt das neue zu gestalten, und natürlich daran scheitern, dürfen wir nicht den Schluss ziehen, dass die neue Welt keine Verdienstmöglichkeiten beinhaltet.

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