Das digitale Imperium verfügt aber über die extensiven und intensiven Kontrollmöglichkeiten in einer Breite und Tiefe, die letztlich alle individuellen Präferenzen und Schwächen offenlegen – wir alle werden gläsern, durchsichtig. – Ulrich Beck
Die Empörung, die Wut, der Ekel – alles verständliche Reaktionen auf die Enthüllung, dass die digitale Kommunikation an allen denkbaren Schnittstellen gespeichert und überwacht wird. Ohne Information der Beteiligten, ohne Rücksicht auf die Gesetze der Länder, in denen die Menschen sich aufhalten.

Überwachung ist ein Problem. Ein großes Problem. Aber sie ist nicht das Resultat eines Prozesses, der von mächtigen Kontrollorganen ausgeht, die mit geheimen Methoden die Privatsphäre unwissender Menschen missachten.
Der Prozess geht von uns Menschen aus und betrifft uns Menschen. Das Bedürfnis, über Gefahren informiert zu sein, ist unser Bedürfnis. Wir wollen so viel wie möglich wissen. Wir stellen die Kameras auf, wir liefern die Daten, wir stellen unsere intimsten Informationen ins Netz. Beck schreibt:
Sie nutzen diese Medien als Sinnesorgane, die Medien gehören zum Selbstverständnis ihres Handelns in der Welt. Gerade die Facebook-Generation gibt damit einen großen Teil ihrer individuellen Freiheit und ihrer Privatsphäre preis – im Sinne der Abhängigkeit von diesen Medien.
Eine kleine Gruppe Feministinnen mag es okay finden, Männer zu fotografieren, die sich breit machen. Und eine riesige Gruppe unflätiger Machos mag es reizvoll finden, Bilder von Frauen am Strand ins Netz zu stellen, als hätten sie ein Recht dazu (ohne Link). Das sind nur zwei Beispiele von Überwachung, die nichts mit NSA, FBI oder irgendwelchen obskuren Geheimdiensten zu tun hat.
Natürlich stehen dort Supercomputer, die mit Daten viel besser umgehen können, als ich mit meinem Laptop es kann. Aber der Wunsch nach Überwachung ist meiner und die Methode der Überwachung benutzt meine Daten. Zu meinen, das alles sei das Werk skrupelloser Agenten, die im Namen geheimer Organisationen handelten, ist paranoid. Zweck der Überwachung sind wir alle – wir wünschen sie, wir brauchen sie. Mittel der Überwachung sind die Daten, die wir freiwillig bereit stellen.
Es ist entscheidend, dass hier eine korrekte Sprache und Darstellung gefunden wird – ein Punkt, den man nicht stark genug machen kann. Um noch einmal Beck zu zitieren:
Trotzdem muss man eigentlich noch weiter gehen und fragen, ob wir als Sozialwissenschaftler, Alltagsmenschen und Benutzer dieser digitalen Informationsinstrumente überhaupt schon angemessene Begriffe haben, um zu beschreiben, wie tief und grundsätzlich durch sie Gesellschaft und Politik verändert werden. Ich glaube nämlich, dass wir alle noch keine Namen, keine Landkarte und keinen Kompass für diese neue, digitale Welt haben.
Und zum Schluss noch Coppolas The Conversation von 1974 – um zu zeigen, wie alt die Angst vor der Überwachung und ihren Auswirkungen schon ist: