In seiner Analyse des Anschlags von Christchurch weist Christian Stöcker auf einen Aspekt hin, der für die pädagogische Arbeit an deutschsprachigen Schulen von großer Relevanz ist:
In den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren ist im Netz eine rechtsradikale Jungmänner-Suppe aus Trollerei, Tabubruch, YouTube, Videospielen, Verschwörungstheorien, Minderwertigkeitsgefühlen, Sexismus, Rassismus, intellektuellem Hochmut und Gewaltfaszination entstanden.
Wie der Fall einer Sekundarschule in Elgg in der Schweiz zeigt, betrifft diese Online-Radikalisierung auch Kinder und Jugendliche: Konkret wurden in einer Chat-Gruppe pornografische und nationalsozialistische Inhalte gezeigt – gemischt mit IS-Propaganda. Ein Informant behauptet, auch auf dem Pausenplatz hätten Schüler nationalsozialistische Parolen geschrieben und den Hitlergruß gezeigt.
Die Radikalisierung findet über Scherze statt. David Eugster schreibt in seiner Analyse dieser männlichen Netzkultur:
Die Inhalte teile man eigentlich gar nicht, es gehe primär darum, Dinge zu posten, die «zu weit gehen». Denn das sei doch Humor: Regeln zu brechen, Grenzen zu überschreiten.
Dieses humoristische, ironisch gebrochene Herantasten an Tabus ist ein erster Schritt. Die Gewöhnung an rassistische und sexistische Parolen führt zu einer Verschiebung von Grenzen, auch zu einem Toleranzaufbau: Wer sich daran gewöhnt hat, dass Witze Menschen herabwürdigen, stumpft ab und sucht schnell nach härterem Stoff.
Eltern und Lehrpersonen haben oft keine Ahnung von diesen Diskussionsforen, von den Gedanken, die junge Männer umtreiben. Und auch wenn diese sichtbar werden, ist unklar, wie stark es tatsächlich um eine schräge und problematische Form von Humor und ein Austesten von Grenzen geht und wie stark hier eine Ideologie vermittelt wird, die verheerende Auswirkungen haben kann.
Junge Menschen müssen Gelegenheit haben, sich und andere zu spüren und so Grenzen konkret zu erfahren. Zu merken, was sie und andere verletzt, stopp sagen zu lernen und bei anderen Gefühle wahrzunehmen.
Das ist idealistisch und vage. Ich sammle gerne Vorschläge, wie sich das Problem wirksam lösen lässt.
/cdn.vox-cdn.com/uploads/chorus_image/image/54668769/pepe_the_frog_dead_in_a_casket.0.png)
„[Schulleiter] Scheuermeier stellt klar: «Der Chat fand auf privaten Geräten ausserhalb der Schulzeit statt. Also Privatsache.» Handybetrieb für die Schülerinnen und Schüler an der Schule sei grundsätzlich nicht erlaubt. Auch in den Pausen nicht.“ Bedeutet: das Geschehen hat mit der Schule nichts zu tun. Was dieses ´Spiel mit dem Feuer´ mit rechtsradikal und „rechtsradikalen Jungmännern“ (seit wann sind 16-Jährige Jungmänner?) zu tun haben soll, verstehe ich nicht.
Es ist in meinen Augen sehr einseitig, hier nur auf rechte Radikalisierung und nicht auch auf linke Radikalisierungen oder auf religiöse Radikalisierungen abzustellen finde ich.
Denn Radikalisierungen jedweder Art sind eine Herausforderung für Lehrer, Gesellschaften usw.
Ich erinnere noch, wie ich auf Ihrem alten Blog, den ich oft mit großem Interesse gelesen habe, einmal einen Artikel verfaßt haben „Warum ich kein Linker bin“ (wenn ich den Wortlaut richtig wiedergebe).
Aber schon damals hatte ich gedacht, daß Sie aber trotzdem überwiegend bzw. sehr überwiegend linke Positionen vertreten und vortragen wie auch hier.
Wobei man natürlich immer darüber debattieren kann, was ist links und was ist rechts.
Z. B. sieht sich Professor Mausfeld („Die Angst der Machteliten vor dem Volk“) nicht als Linker im heutigen Sinne, sondern findet, daß die Linken heute keine linken Positionen vertreten.
Nur als ein Beispiel über die Weite der Interpretationen.
So oder so geht es schlußendlich aber weniger um links oder rechts bzw. sollte weniger darum gehen, sondern um richtig oder falsch allenfalls oder mehr noch um moralisch oder unmoralisch.
Diese Diskussion über »links« oder »rechts« führt ja selten an ein Ziel. Es geht hier um eine Radikalisierung. Welche Evidenz gibt es dafür, dass es linksradikale Chat-Gruppen gibt, die Jugendliche an extremistische Positionen heranführen?