Sousveillance als Grundbegriff

Kürzlich habe ich im Kontext von Ringen, mit denen sich Partner:innen gegenseitig überwachen können, zum ersten Mal von Sousveillance gehört. Der Begriff ist schon älter, er bezeichnet einen Aufzeichnungsvorgang, der nicht von einer Autorität ausgeht, sondern von einer Privatperson.

Die aktuelle Technik, die Kameras und GPS-Tracking in viele Geräte integriert, macht Sousveillance zu einem alltäglichen Problem. Es ist enorm einfach, das Verhalten von Menschen mit Auto-Apps, Handy-Apps oder Uhren aufzuzeichnen. Mittlerweile sind auch viele Wohnungen oder Häuser mit Kameras ausgestattet, die wirksame Sousveillance erlauben. Kürzlich habe ich ihm Rahmen einer Einheit zu Femizid mit Jugendlichen darüber gesprochen, wie problematisch es ist, wenn Partner:innen sich gegenseitig überwachen (das Ergebnis der Diskussion habe ich hier zusammengefasst).

Sousveillance wird zu einer permanenten sozialen Kontrolle, die nicht nur in Beziehungen, sondern auch am Arbeitsplatz und in anderen sozialen Verhältnissen zu einer Belastung wird.

Historisch hatte Sousveillance eine positive politische Konnotation, da diese Form des Aufzeichnens zum Widerstand gegen ein Überwachungsregime genutzt werden kann (vgl. den Wikipedia-Artikel). Die Beispiele sind einleuchtend: Menschen können dokumentieren, wie sich Sicherheitspersonal oder Polizist:innen bei Eskalationen verhalten, sie können ihre Perspektive der von Überwachungskameras entgegenhalten etc. Heute scheint Sousveillance aber nicht eine Handlung zu sein, die sich gegen ein autoritäres Regime richtet, sondern eine, die in gleichberechtige Beziehungen Machtverhältnisse einführt.

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